16 Januar 2007

in meinen dunklen verliesen wabert's

hallo!

ja @isabel... ich bin schon immer so gewesen, dass ich alles erzählt habe. die große kunst ist für mich eher, mal was NICHT zu erzählen. gerade im beruflichen wäre es wünschenswert, wenn ich diese kunst besser beherrschte! ich habe mich aber nur beherrscht, als ich noch anwältin war. natürlich kann ich meinem mandanten gegenüber und dem richter / staatsanwalt gegenüber nicht alles sagen, was ich denke. traurig fand ich, dass es aber auch sonst nicht möglich war, dinge mal zu "adressieren", wie es so schön bei ei heißt *gacker*.

einer der gründe, weshalb ich mein juristenleben hinschmeissen möchte!

nun bin ich wieder an einem ort (beruflich), an dem ich nicht alles sagen darf. ich sag es trotzdem - versuche nur, es nicht noch zu forcieren. so haben wir bei ei im moment eine schulung über drei tage für "neue mitarbeiter". oho. ich finde schulungen / vorträge immer noch so schön wie zu den zeiten, wo ich als anwältin in teuer bezahlten fortbildungsveranstaltungen gesessen hatte und gemerkt hatte, dass die "kostenlosen" uni-vorlesungen vergangenheit geworden waren. das war und blieb ein manko in meinem leben - nun habe ich immer, wenn dieses manko geschlossen wird, eine große befriedigung in mir. blödes wort, sorry, aber es ist echt so, als hätte ich hunger und würde nun gesättigt werden.

ähä
häm
äh

was ich EIGENTLICH sagen wollte: @isabel, vielen dank für den einblick - ich frag mich nun natürlich, wie zum henker andere leute es schaffen, NICHT immerzu alles zu erzählen. ich weiß zum beispiel, dass es vielen bei ei nicht gut geht, aber sagen tun sie es nicht. jetzt auf der schulung nämlich treffen wir ja auch ei-leute aus verschiedenen ländern / städten. da tun alle erstmal so, als säßen sie alle ganz ganz fest im sattel und hören sich höflich nichtssagende dinge an.

mir ist dann passiert, dass ich von einer sympathisch aussehenden frau aus dem ungarn-team angesprochen wurde auf meine chefin (die "böse chefin"), und ich mich kurz gefragt hab, ob und wie ich dieses gespräch auf möglichst inhaltsleere art führen kann. ich musste auf mein zögern hin dann aber erfahren, dass meine kollegin aus ungarn meine chefin sehr nett findet. tja da wusste ich: wenn ich hier schweige, krieg ich nen bleibenden schaden!

also hab ich vorsichtig gesagt, dass das ja schön sei. leider träfe das auf mich nicht zu. und um das gespräch nicht anzuregen, fügte ich noch kurz hinzu, dass meine chefin und ich uns halt nicht besonders gut verstehen würden.

warum nicht???? war die antwort.

heute dasselbe, nur passiv: "mein lieblingspraktikant", wie ich zu ihm immer sage, also der neue praktikant, der mit mir jetzt gemeinsam in der abteilung arbeitet, kam freudestrahlend auf ich zu und meinte, er hätte schon panik wegen meiner chefin, da ginge es sicher tierisch rund gleich nach der schulung. ich hab ganz trocken gesagt: "für mich nicht". denn sie vergisst mich ja immer noch auf e-mails, nicht mehr so konsequent wie zuvor, aber äh ja. nix meetings mehr mit ihr und alle jubeljahre mal ne e-mail, bei der ich im "cc" stehe.

da meint mein lieblingspraktikant lauthals: "ach ja, du bist ja luft für sie!!!" und der nette herr aus einer entfernten abteilung, der neben mir steht, fragt gleich nach und die restlichen ungarn, die bisher noch nicht so recht gewusst hatten, dass ich im dunstkreis meiner chefin eine person non grata bin, haben es dann von meinem lachenden praktikanten gehört, der natürlich nicht mehr aufgehört hat. ich hab mir gedacht: 'puh, zum glück hatte ich mich gestern schon dagegen entschieden, hier ein kasperletheater aufzuführen' und ich fand es sehr entspannend, mit dem praktikanten rumzuflachsen.

will sagen: ALLE würden ein streitgespräch für sich behalten, @isabel. nur tante sine kotzt sich aus. mit solchen detailgetreuen und gern auch selbsterniedrigenden schilderungen hab ich mir bisher immer mein eigenes grab geschaufelt. ich mach es trotzdem weiter so - also ich sag, was raus muss (prüfe aber jetzt immer, ob es wirklich raus MUSS!). warum?

eine sache hast du genannt, isabel: ich selbst kann mir über meine gedanken besser klar werden. ich denke dinge auch mal zu ende! stimmt, gut formuliert.

das andere ist: ich hab in meiner therapie gelernt, dass ich gerne zu übertreibungen neige und am ende noch selbst an die schlechtigkeiten und entsetzlichkeiten glaube, die ich mir eigentlich nur so gedacht habe. dazu noch ein "herr selbstzweifel", der in mir dauernd interpretationen einschiebt, die keinen frisch und fröhlich stimmen können! da ist es einfach hilfreich, mal was rauszulassen. und tja - jetzt ist die zeit des beschützten blablas beim psychodoc vorbei. jetzt muss ich sehen, wo ich mit meinen gefühlen und auch mit dem versuch, mich selbst kennen- und akzeptierenzulernen, lande!

*g*

@matilda:

dass die gefühle so intensiv sind, dass man sich fragt, wie man es aushalten soll - nicht nur im guten, sondern auch im schlechten -, das kenne ich. es macht einem selbst angst, so empfand ich es zumindest.

ich weiß nicht, ob es schon die ganze wahrheit ist, aber was ich dazu jetzt sagen möchte, ist sicher ein aspekt: matilda, isabel, euch unterscheidet vielleicht, dass der eine mit seiner angst lebt und die dinge trotzdem "macht" (oder annimmt). und der andere lebt eben dosiert und entfernt von katastrophen - mit der folge, dass altes nicht zu ende erlebt wird und neues nicht reingelassen wird.

*autsch*

natürlich hab ich DAS auch, isabel - dass ich altes nicht "zu ende erlebt" habe! das merke ich vor allem dann, wenn ich wieder eine miese grundstimmung bekomme und vor allem, wenn ich assoziiere (und die assoziationen negativ sind). das beispiel mit den herren in grün ist doch dafür ein treffendes beispiel. da spüre ich, wie ich mich ohnmächtig und durch den verdacht, dass ich lügen könnte, auch beleidigt fühle, als wäre ich immer noch an dem tag, nachdem mich kand. 1 aus dem fenster werfen wollte, bei der polizeiwache in berlin-charlottenburg und hörte den einen polizisten zu mir sagen: "was sie brauchen, ist nicht die polizei, sondern einen seelsorger!"

ich will nicht behaupten, dass er unrecht hat. das problem ist, dass hier ursache und wirkung verwechselt werden *grrr*"! wenn die polizei so mit menschen umgeht - jaaa ich weiß, es ist ja nicht so schlimm, wenn die polizei zweifel äußert, trotzdem ist es verletztend! -, dann frag ich mich, ob man die polizei als instanz nicht ganz aus der wahrnehmung aussparen sollte / müsste.

ich hab schon mit monsieur gechattet mit dem thema, ob ich in zukunft vielleicht mal meine "pflichten" als zeugin oder auch sonst meine bereitschaft, zur aufrichtigkeit meine eigene sicherheit auf's spiel zu setzen, vernachlässigen sollte.

da hab ich noch behauptet, dass ich dummerweise eine ganz entgegengesetzte erziehung genossen habe und es mir als christin schon schwer fallen würde, einfach bei dingen wegzusehen.

also ich würde wohl schon aus dem glauben heraus, dass man solidarität zeigen muss, immer im falle eines unfalls als zeugin zur verfügung stehen - auch, wenn meine anschrift geschützt ist und ich keine lust auf die herren in grün habe.

ach mensch

erziehung glaube liebe hoffnung

was man nicht in sich selbst trägt, gibt es auch in der welt nicht.

wie sagte @zitro immer? "wie innen, so außen"!

ich könnte noch viel erzählen. habt ihr vll. schon gemerkt. *seufz*

mir fällt es soooo schwer, jetzt die letzten wochen bei ei zu sein. ich hab schon erfahrung mit angelegenheiten, die langwierig sind. ich halte durch! stress, kummer, trauer, schock - sine bleibt am ball! aber dann, kurz vorm ziel, da verlassen mich immer die geister.

ich hab das mal unter der rubrik "mangelnder ehrgeiz" einsortiert. ich würde heute mal - vielleicht halbherzig - entgegensetzen: "mangelnde hoffnung".

gerade wenn etwas zu ende geht, ziehe ich resümee. ich muss sagen, ich glaub immer noch nicht, dass ich nicht DIE angestellte für ei wäre. ich kann es mir nicht erklären, wieso ich nicht geeignet sein soll! *leise mit der faust auf den tisch hämmer*

ich bin da wirklich zum ersten mal in meinem leben ganz überzeugt von meiner eignung! ich war sonst immer das weichei, dass gedacht hat, dass es von allen überschätzt wird und in wahrheit das niveau, die kraft und den intellekt eines regenwurms hat. jetzt steh ich da und denke anders. aber die zeit geht voran, in 1 1/2 monaten bin ich wieder studentin, und nagut, das kann ja auch eine tolle chance sein (!). aber so erstmal steh ich da und fass es nicht!

ich fass es nicht, dass ich sachen lerne, die ich trotz meiner mangelnden zukunftsaussichten interessant finde. ich fass es nicht, dass ich mit absolut allen gut auskomme, mit jedem der anwesenden referenten, mit den teilnehmern, also - mir geht es gut, vieles fällt mir zu, ich kann mir vorstellen, das auch selbst zu reissen (was die vortragenden da tun). aber es gibt zwei dinge, die dagegen sprechen, dass ich je anerkennung finde bei ei: das gespräch mit meiner chefin und meinem manager am 6.12. und die tatsache, dass mein praktikum in 1 1/2 monaten zu ende sein wird.

ich glaube, diese schulung ist aus diesem grunde wahnsinnig anstrengend für mich. ich fühle jeden tag ein paradox. ich denke dann nicht drüber nach - denke nicht an "ungerecht / gerecht" oder so. aber irgendwas denke ich DOCH.

so ähnlich wie du, @isabel, nach dem streitgespräch... nicht das thema an sich kann ich lösen oder klären. daher lasse ich es, wie es ist (selbst wenn ich jetzt drüber schreibe - und ich habe es auch vorhin auf arbeit offen angesprochen). aber es ist DOCH da, es wabert und wütet in einer der vielen dunklen verliese in meinem inneren.

:-(

so

ich schlaf dann mal!

danke für euer auge *hihi*

eine gute nacht wünsche ich.

gruß

sine

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