18 Juni 2007

von tochter zu tocher

hallo nochmal RICHTIG, fee!

ach herrje... wie habe ich angst vor dem MUTTERTHEMA! aber du schreibst es leicht verständlich und ich glaube, es ist einiges dabei, auf das ich doch tatsächlich gleich was zu sagen kann...

erstmal: toll toll danke, dass du hier geschrieben hast, fee. das interessiert mich, was du denkst, und glaub mir, ich schmeichele niemandem. ich denke, es ist schon wichtig, dass wir uns so unterhalten, dass auch sinn dabei ist *gg* (wenigstens so als fernziel *grins*) ähm

also damit will ich sagen: ich sag halt, was ich meine, und falls ich jemandem damit auf die zehen trete, so hoffe ich, dass das geschriebene eben anders zu verkraften sein mag als wenn du und ich uns aug in aug gegenüberstehen würden!

aber in deinem fall gibt es von meiner seite erstmal nur freude, dass du so toll geschrieben hast.

tja

wobei der inhalt ja HEAVY ist

weißt du, als außenstehende(r) ist es immer wieder komisch, wie die probleme, die man eigentlich SELBST bei sich kennt, so einfach und klar erscheinen. dass du dir die feier kaputtmachen lassen hast, ließe sich doch vielleicht mit einigen klaren sätzen einordnen und noch ein krachiger lebensrat könnte sich anschließen. aber mit deinen 50 lenzen wirst du, fee, schon einige solcher einordnungen und auch lebensweisheiten selbst wissen, und ich will auch ehrlich gesagt lieber auf die dinge zu sprechen kommen, die mich daran auch interessieren, weil sie mit meinen eigenen probs zu tun haben. diese dinge sind vielleicht dann weniger spruchreif, aber wir können ja mal gucken, ob du auch findest, das man über solche sachen nachdenken könnte...

sorry, wenn ich gleich in die offene wunde DIREKT hineinpiekse vermutlich, aber das hier ist tatsächlich sehr schlimm:

fee schrieb:

die mir glaubt, wenn ich ihr sage, dass einer öfter was ganz schlimmes mit mir gemacht hat und sich nicht damit zufrieden geben würde, dass dessen Mutter sagt, ihr Sohn würde "sowas" nicht machen


*arrgh*

hm

das tut mir leid, fee. ich weiß nicht, ob es nicht ein wenig unsensibel ist, wenn ich an ein solches thema mit vergleichen aus meinem eigenen leben herangehe, aber weißt du, nicht immer ist eine gute antwort die richtige antwort, sondern vielleicht ist es gut, wenn ich nicht SO genau weiß, wie schlimm deine kindheitserfahrungen sind, sondern nur aus meiner perspektive argumentiere.

:-)

ok

also ich glaube, das gefühl, nicht verstanden zu werden, ist mir auch sehr wohl bekannt. allerdings mache ich es an einem vorfall fest, bei dem ich schon hm ich glaube 19 war. da es so unsinnig ist, über meine mutter nachzudenken und dieser meiner mutter-tochter-beziehung etwas logisches beimessen zu wollen, ist es auch nicht so wichtig, ob es wirklich mit 19 oder vielleicht doch schon mit 14 gewesen ist. damals hatte ich mich durchgerungen, meiner mutter mein tagebuch zu geben. ich hatte dort beschrieben, dass ich mich unverstanden fühlte und hoffen würde, dass man mir EINMAL glauben würde, wenn ich etwas sagen würde.

meine mutter hat das als großen affront empfunden. sie hatte mir unter tränen das tagebuch zurückgegeben und gehaucht, sie wolle nie, aber "wirklich nie wieder" mein tagebuch zu sehen bekommen.

ich denke, die story ist jetzt weder ein trost für dich, noch eine erklärung. aber sie ist das, was ich mit deiner beschreibung von deiner mutter gleich assoziiert habe: meine tagebuch-sache ist eben auch ein versuch gewesen, mich meiner mutter auch mit einer unangenehmen wahrheit anzuvertrauen - auch wenn bei mir die unangenehme wahrheit gar nichts anderes war als eben, dass ich mich ernstgenommen fühlen wollte. diesen wunsch nach ernsthaftigkeit hattest du auch, oder?

oh je

als kleines kind ist es 1.000 mal schwerer als als halbwüchsiger / erwachsener, eine problemlösung zu finden. deine mutter hat dich verdammt im stich gelassen, und leider sieht es ganz so aus, als hätte sie einfach so große angst gehabt, an ihrer heilen (und debilen) welt würde sich etwas ändern, dass sie dich lieber negiert hat mit deinem problem.

eieiei

dass mütter söhne lieber mögen als töchter soll es ja auch schon mal in der psychologie zu hören geben. lange habe ich es entsprechend auch als MEINEN fehler verstanden, wenn ich meinen vater mehr gemocht habe als meine mutter - ich nehme an, die version, dass deine mutter deinen bruder mehr mochte als dich, ist für dich entsprechend interpretiert worden. also ich meine, du hast vielleicht auch selbstzweifel gehabt, weil du eben nicht das geliebte kind warst. oder?

es ist schon ätzend, wenn die geschwister einem live und in farbe vorleben, wie es sein könnte, wenn man geliebt wird. das hatte ich ja dann - vielleicht zum glück! - nicht gehabt in meinem leben. aber weißt du, mit der story jetzt an deinem 50. hast du etwas getan, was letzten endes doch viel mehr ist als eine abwehrreaktion.

also ich will damit sagen:

du meldest dich also nicht mehr bei deiner mutter, und deinen bruder hast du auch gleich mit in den ignore-modus hineingenommen. das ist erstmal eine kurzfristige lösung, aber hm vielleicht ist es auch eine richtig tiefgehende entscheidung. oder zumindest machst du vielleicht eine richtige entscheidung, die du dir auch wirklich überlegt hast, draus.

tja

und hier sind wir an der stelle, wo mir das mutterthema GAR NICHT leicht von der tastatur tropft: wie ignoriert man sich glücklich?

ich habe selbst den kontakt zu meiner mom abgebrochen. die meinung, dass ich diesen kontakt nicht total beenden kann, habe ich (leider?) auch:

Meine Kinder haben immer nur gesagt, Mama sag ein Wort und wir schmeißen die Oma mit ihrem Freund und deinen Bruder mit Frau raus, dann ist ein für alle mal Ruhe. Aber ich war so blöd, ich konnte das einfach nicht.......es war doch meine Mutter und mein Bruder.


oh je

das ist eben ein dilemma: wir sind ja nun wirklich darauf geeicht, dass wir unsere eltern nicht im stich lassen, nicht verraten, nicht verletzen. kann es denn dann eigentlich sein, dass wir - die unglücklichen töchter *g* - aber dauernd mit ganz genau SO lautenden unterstellungen leben müssen? also meine mutter denkt von mir, dass ich sie verraten würde (ok, das letzte event, wo sie glaubte, ich hätte sie vor anderen bloß stellen wollen, war nun auch so in meiner pubertät, aber seit damals ist unsere beziehung nicht wirklich anders geworden, und ich empfinde ihre unterstellung noch als aktuell). meine mutter glaubt von mir, dass ich sie nicht achte. sie glaubt sogar, ich will sie verletzen und interpretiert in meine entscheidungen dinge hinein, die sich angeblich alle (negativ) auf SIE beziehen. mein bwl-studium ist zum beispiel so eine verletzende aktion angeblich!

hm

ich bin hier nicht die einzige, die mit der mutter aneinandergeraten ist. du bist hier also sozusagen in einem club der traurigen töchter gelandet, fee.

es ist für mich ganz erstaunlich, wie viele menschen ich im letzten jahr bis heute "getroffen" habe, die GAR NICHT mit ihrer mutter zurecht kommen. ich glaube, das ist sehr tröstlich. es zeigt mir aber auch, dass jeder das problem zu lösen versucht.

ich glaube, es gibt keine lösung, mit der man etwas 100%ig in den griff bekommen kann, wenn es um die eltern geht. vielleicht gibt es gar keine 100%igen lösungen im leben. aber bei den ellies kann man sich auf den kopf stellen: wir sind und bleiben immer die kinder dieser eltern, und wenn es nur die gedanken sind, die sie uns in unserer kindheit eingepflanzt haben oder die nase, die einem elternteil so ähnlich sieht.

was heißt "nur"...

;-)

für mich ist die abstinenz von meiner mutter so ähnlich, wie wenn ein süchtiger versucht, von seinem "stoff" wegzukommen, denke ich. es macht mich unsicher, es ängstigt mich die vision der zukunft. genau wie du graust es mich immer wieder bei dem gedanken, dass sie anrufen könnte:

was mach ich, wenn Sie anrufen sollte???????


*kicher*

wenn es da so schwar (pardon: grün) auf weiß geschrieben steht, sieht es lustig aus. wir, zwei gestandene frauen, wissen also nicht, was wir tun sollen, wenn die eigene mutter anruft.

ich weiß es auch nicht. wie gesagt: wie bei einer drogenabstinenz ist es das beste, nicht künstlich dran zu denken, was alles passieren könnte, glaube ich.

man gewöhnt sich, so denke ich, daran, dass man sich vorgenommen hat, nicht mehr die eigene mutter zu kontaktieren. am anfang ging dieses bewusste ignorieren für mich auf wie ein ballon: es wurde wie eine panik und ich dachte irgendwie auch manchmal, dass der "ballon" irgendwann platzt und dann ist alles wieder wie vorher: meine mutter hat mich bei einer sache, die ich nicht "darf", sozusagen "erwischt" und ich bleibe die nie erwachsen-werdende, unartige tochter, die nicht nur nicht verstanden, sondern auch nicht ernstgenommen und nicht akzeptiert wird.

ich habe zwei jahre psychotherapie gemacht. diese therapie war sehr gut für mich - leider muss ich immer noch dinge für mich abklären und die therapie ist also sozusagen nur eine chance, aber was draus machen muss man selbst. die therapie ist keine gehirnwäsche gewesen, sondern sie ist (zumindest für mich) eine chance zu einer diskussion mit einem fachmann.

mein therapeut hatte es drauf, das gespräch zu lenken - und zwar so, wie ich es NICHT erwartet hätte. er stellte halt die therapeutisch wichtigen fragen, um in mir mal neue gedanken loszutreten. welcher art die neuen gedanken sind, konnte mein doc bestimmt auch nicht wissen.

meine gedanken lüfteten während meiner therapie das bild, das ich von meiner mutter hatte, übrigens nie. ich kam und komme bis heute irgendwie intellektuell nicht dahinter, was für ein wunsch das ist, demzufolge ich mit meiner mom möglichst in harmonie leben möchte.

ich hatte übrigens auch schon den versteckten todeswunsch gegen meine eigene mutter, fee. also diese story mit der black-mummy als ersatzmutter ist schon ein ziemlich klarer gedanke, den du dir da geleistet hast, oder?

ich war tatsächlich vollkommen geplättet, als in meinem leben nicht meine mutter zuerst verstorben ist, sondern das andere elternteil. darauf, dass ich mit meiner mutter alleine sein könnte in diesem leben, war ich gar nicht gekommen. ich hab eigentlich immer nur gehofft, dass meine mutter mich mal in ruhe lässt. oder sonst irgendwie verschwindet!

ich bin noch immer fassungslos. ich weiß überhaupt nicht, wie ich meinen wunsch, als einzige tochter meinen alten eltern eine hilfe zu sein, verwirklichen soll BEI DER MUTTER!

so

fee

jetzt hab ich vieles angeschnitten. hoffentlich war es nicht zu verwirrend. denn wie gesagt: eine klare lösung gibt es vielleicht, aber sie gibt es nicht für den, der noch nicht mit haut und haaren und halt durch ein try-and-error seiner eigenen wahrheit auf die spur gekommen ist. und ich bin leider auch keine dieser (vermutlich) glücklichen menschen, die schon ganz ganz ausgeglichen und gesettelt mit ihrem mutterproblem umgehen können!

:-)

also bis bald... schreib mir, was du denkst.

ach so

und wenn dein freund weinen musste wegen deiner mutter, so kann ich mir den schmerz, den DIR das bereitet hat, gut vorstellen. hm aber was denkst du: kannst du das vermeiden, dass dein freund leidet?

jein, natürlich kann man ein bissle das kreuz breit machen und sagen, wo die grenzen liegen, blablabla.

aber nochmal, fee: glaubst du, du kannst den schmerz, den deine mutter ihm bereitet hat, vermeiden? ich glaube, das gehört dazu, dass dein freund auch leidet. ich glaube, es ist mitgefühl. ihr seid ein paar, fee. du würdest auch leiden, wenn er ein problem hat. also mach dir keinen kopf deshalb!

im gegenteil. kopf hoch. und bring dein auto in die werkstatt! *zwinker*

gruß

sine

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