25 Juni 2007

sines lebenslauf teil 2

ok... also "mal kurz" ist, wie so manchmal bei mir, wenn ich was schreibe, dann doch eher unzutreffend als beschreibung des umfanges meiner selbstbeschreibung.

ok

also stehengeblieben waren wir an der stelle, wo mein daddy gestorben war. ich hatte da echt einen schock weg. ich hatte sogar eine art vision, die fand mein psychotherapeut dann ganz spannend: ich hatte den eindruck, ich sah mein leben wie ein meer vor mir. das wasser war glasklar. aber unten sah man im klaren wasser lauter müll und unrat liegen. ich hatte das gefühl, meine idiotische beziehung mit meinem kiffenden punk gehörte zu diesem restmüll in meinem "meer", und es war klar, dass ich dieses "meer" saubermachen wollte.

tjach

es gab anschließend die haarsträubenden begebenheiten, die deiner erzählung vielleicht konkurrenz machen können.

als erstes teilte mir mein kollege mit, dass er wünsche, dass ich das büro verlassen würde. es sei unerträglich mit mir und mit meinem hund - ich hatte den dackel meiner eltern zu mir genommen. nun, als hundebesitzer kann man sich gar nicht vorstellen, was so schlimm an dem tier sein soll, aber auch aus anderen gründen war ich fest davon überzeugt, dass mein kollege nur aus gekränkter eitelkeit diesen rausscchmiss erteilt hatte. er hatte mich immer sehr seltsam mit fragen belästigt und mir tief in die augen geschaut, dazu noch körperkontakt gesucht, ätzend. ich mag es nicht, am arbeitsplatz zu sein bei so körperlichen sachen, denn da sind die verhältnisse ja doch langfristig und man kann nicht so viel porzellan zerschlagen, wie es einem eigentlich am liebsten wäre.

ich entgegnete, dass ich so viel geld und zeit in den aufbau der kanzlei gesteckt hätte, dass er mich nicht herausbekommen würde von jetzt auf gestern. außerdem fragte ich, ob er das ernst meine, dass er mich rausschmeißt, kurz nachdem mein daddy verstorben ist und ich eh alle mühe habe, mich hier halbweg aufrecht zu halten.

naja

es hat nur ein halbes jahr gedauert, dann war ich weg - ich hatte ein winziges bürozimmer in einer anwaltssozietät gemietet. die miete war teuer, aber ich durfte die gehilfinnen mit in anspruch nehmen. wir hatten einen empfangstresen, ein messingschild mit den namen drauf, eichentüren und halt einfach das typische anwaltsflair. dazu noch war die kanzlei im stadtteil charlottenburg gelegen - meine mutter ist vor glück schier geplatzt! jeden tag führte ich nun meinen dackel vor luxusgeschäften gassi und schaute sonst in meinem winzigen zimmer auf einen hässlichen wohnblock. durch mein zimmerfenster kam nie direkte sonne und die anwaltsgehilfinnen entpuppten sich als zicken.

zuvor verlor ich noch meinen job als betreuerin für straffällig gewordene jugendliche und parkte mein auto an einer roten ampel genau auf der stoßstange eines anderen autos - da wir mangels kasse die versicherung gerade auf teilkasko heruntergeschraubt hatten, mussten wir mal eben 600 euro selbstbehalt löhnen für den unfall. das war mir unendlich peinlich.

ich erlebte noch mehr unglück: mir lief ein farbeimer IM AUTO (!) aus, was sich als ein schaden entpuppte, den die versicherung gar nicht trägt. ich hatte schließlich ratten im fußboden meines wg-zimmers, und meine mitbewohnerin mied mich plötzlich, weil sie behauptete, sie könne es irgendwie nicht ertragen, dass ich jetzt so viel pech hätte. sie hätte genug mit ihren eigenen problemen zu tun. die folge war, dass meine wg - ich war die hauptmieterin - sich gegen mich verschwor, der eine zahlte die miete nicht mehr und meine mitbewohnerin behauptete, ich würde absichtlich beabsichtigen, die wohnung wegen der ratten zu kündigen, weil sie gerade ihr biologie-diplom schreiben müsste.

ich bin dann in eine anarcho-wg eingezogen, ein areal voller unangepasster menschen, die mich komischerweise gern aufnahmen. vielleicht lag es an meinen dreadlocks, aber mein beruf - anwältin - war sicher kein pluspunkt gewesen. ich habe einen monat lang wie ein stein geschlafen in dem neuen wg-zimmer - zuvor hatte mir meine ärztin gesagt, sie bekäme meine angina, die jetzt zum dritten mal wiedergekehrt war, nicht mehr weg und ich müsste mein leben ändern, sonst würde die heilung weiter ausbleiben.

meine wg half mir beim umzug, ein segen, denn ich hatte unglaublich viel krempel angehäuft gehabt. dann kam die polizei und behauptete, ich hätte die stereoanlage von meinem mitbewohner NICHT als pfand einbehalten dürfen (weil er keine miete mehr bezahlt hatte), aber ich war eigentlich ganz sicher der ansicht, dass das unsinn war - aber erklär das mal, wenn die beiden herren in grün wiederholt das gegenteil behaupten und böse sind.

erfreulicherweise hat mein wg-bewohner dann eine teilzahlung vorgenommen und den rest auch bezahlt, nur bei der renovierung der wohnung hat er dann nicht mitgeholfen. am letzten tag der renovierung der alten wohnung stellte ich fest, dass ein kratzer in meinem golf war, der original von vorn bis hinten der seitenfläche verlief. ich verdächtigte meinen wg-bewohner und zeigte die sache auch an, aber die polizei tippte eher auf fahrerflucht und auf einen vw-bus als ursache.

ich dachte, meine anarcho-wg will mich wieder los haben, wenn ich die bullen mit nach hause bringe und dann noch so spießig bin und auf meine miete bestehe und mein auto "gesühnt" sehen will, aber oh wunder, die leute waren total nett und unterstützten mich.

wir hatten nicht nur eine wg, die über 3 stockwerke eines miethauses reichte, sondern der ganze komplex (also seitenflügel und vorder- und hinterhäuser) hing zusammen. das waren schon 80 leute, mit denen ich sozusagen jetzt zusammenlebte. wir machten immer volxküche (vokü) zweimal die woche, und es war mir eine ehre, das selbst dann auch hinzubekommen. aber so 200%ig war das nie gelaufen, wobei ich immer vermutet hatte, dass ich vielleicht nicht die richtige bin und man sich vielleicht mit mir blamiert in der anarcho-szene?

fakt ist, dass ich am ende dann aber sehr gut klargekommen bin dort, zu gut, um genau zu sein. ich hatte mich dank ausschweifenden alkoholkonsums mittlerweile mit den polnischen und russischen punks prima verstanden ;-p , aber natürlich war das keine sache, die ich wirklich so bannig fand. es ist zwar nett, wenn man auf dem hof schon von bier- oder schnaps-trinkenden punks ein begeistertes "hallo" zu hören bekommt, aber so intellektuell fehlte da doch einiges, was auch mit dem großen punker-herz dann nicht zu kitten war.

es passierten schlimme dinge, die aber jetzt zur abwechslung nicht mich betrafen, sondern andere. meine eine mitbewohnerin wurde beim g8-gipfel damals in genua von der polizei verkloppt und man hatte ihr den schädel gespalten. andere bekannte waren inhaftiert in genua, und monatelang habe ich gerödelt, um solche sachen irgendwie zu beheben oder zu delegieren. es gibt eine art szene in der anwaltschaft, die sich total freut, für die anarchos tätig zu werden, und unverhofft war ich da jetzt hineingeraten.

ich hab zudem eine wirklich tolle freundschaft geschlossen gehabt mit einer frau, die auch schon 50 war (*zwinkert @fee zu). sie war die mutter eines mandanten, linksalternativ und super auf zack. wir hatten einen gewissen zweifel am rechtssystem und vor allem an der haft gemeinsam und haben dann auch viel persönlichere dinge besprochen und erlebt.

sie verliebte sich dann in einen inhaftierten, und ich durfte als einer der insgesamt drei verteidiger dieses inhaftierten manchmal mit verteidigen. es handelte sich um einen ehemaligen raf-ler, der wegen vielfachen mordes angeklagt worden war für taten, die alle (weit) vor der wende stattgefunden hatten. ich lernte die verteidiger alle kennen, und zwei meiner drei kollegen (ich war ja nur die aushilfe, wenn jemand nicht konnte zu einem der wöchentlich stattfindenden gerichtstermine) waren auch wirklich recht interessante anwälte, der eine war sogar RICHTIG gut und menschlich zu allem überfluss auch noch.

das war mein erster und bisher ziemlich einziger hoffnungsschimmer, in diesem juristen-meer von gelackten arschlöchern, wichtigtuern und aufschneidern mal einen ansprechpartner zu finden. also sprich: dieser anwalt war der einzige kollege, den ich wirklich schätzte.

der joke war, dass mir einer meiner mandanten entsetzlich den hof machte und ich am ende ganz verknallt war in ihn - also war die geschichte meiner älteren freundin und meine eigene da in der beziehung plötzlich sehr ähnlich!

ich hab damals eine therapie gemacht, der grund war eigentlich gewesen, dass ich das gefühl hatte, dass ich in ein burn-out hineingeriet beruflich. ich hatte zum ziel (beruflich), zu den top-ten der strafverteidiger zu gehören, und das lief auch echt nicht übel - die verteidigung des raf-lers war sozusagen die endgültige besiegelung meines erfolgreichen aufstiegs. ernsthaft! ich hab prozesse gewonnen, kollegen an die wand gespielt. ich war in meinem gebiet durchaus bissig und manchmal auch giftig, ihr könnt mir glauben, dass ich zwar noch ein großes zeitfenster vor mir hatte, aber den weg durchaus schon beschritt, der mich dann - vermutlich - ans ziel gebracht hätte.

tja

ich hab dann meinem therapeuten von meiner verliebtheit erzählt und er hatte NULL etwas dagegen. mein ehemaliger mandant kam schließlich nach einigen monaten raus, und statt, wie ich es vorgeschlagen hatte, erst ein mal nach 7 jahren knast 1 jahr ohne mich in freiheit zu leben, hat er mich von vorn bis hinten bejubelt und wollte unbedingt mit mir zusammen sein.

später stellte sich heraus, dass er das genaue gegenteil meines politischen denkens in seiner hohlen birne hatte, denn er war ein neonazi und leider auch jemand, der nicht so ganz harmlos gewesen war.

mit dieser tatsache blamierte ich mich bei meinen freunden sowohl privat als auch bei meinen bekannten im job enorm, zumal mein lieber knacki, von dem ich mich dann schon nach 2 monaten trennen wollte, mir drohte, dass er mich bei den gerichten in berlin diskreditierte, indem er behauptete, ich hätte mich für sexuelle dienste im knast angeboten oder whatsoever. es war alles dabei, von drogen bis "weinerliche anwältin", von alkoholabhängig bis "assi-schlampe", von rechtsfremder gesinnung bis aids-krank, was er der öffentlichkeit erzählen wollte, und meine mutter, der ich erstmal verschwiegen hatte, welche vergangenheit mein derzeitiger freund eigentlich gehabt hatte, stand ganz weit oben auf der liste der von ihm zu informierenden personen.

ich hab geflennt wie ein schlosshund und meiner mutter auf den ab getextet, sie soll diesen idioten nicht ernst nehmen, denn mir hatte er erzählt, dass er sie mit mafia-methoden quälen wollte etc.

der witz ist, dass mein knacki-ex - ich nannte ihn mal "kandidat nr. 1" - das ganze immer aufgebauscht hat und damit die opfer (denn ich war nicht das einzige opfer von ihm in dieser zeit) in sachen hineingetrieben hat. er selbst hat dann hämisch die arme verschränkt und behauptet, ich hätte mir alles bloß ausgedacht!

das war kein spaß und ich dachte, außer meiner beruflichen existenz würde mir dieser mann auch meine arme alte mutter abspenstig machen.

meine mutter hat zum zweiten mal in meinem leben 100%ig zu mir gehalten. ohne sie hätte ich die sache wohl kaum geschafft, denn mein bedarf an hilfe und unterstützung war nahezu grenzenlos, und andere bekannte und freunde hatte ich in der zeit eigentlich alle bis auf den letzten tropfen lebensnerv bereits in beschlag gelegt gehabt, sodass ich mich schon schämte, mal wieder jemanden fragen zu müssen, ob ich ihre / sein hilfe in anspruch nehmen dürfte.

ich musste in der zeit allein umziehen. ich hatte in der zeit die gerichtsverfahren gegen kand. 1 angestrengt - räumungsklage aus der wohnung und anti-stalking-verfahren. ich erlebte zwei mal, dass mein auto aufgebrochen war, und erstattete strafanzeige - wobei dem vorausgegangen war, dass ich bei meiner ersten anzeige, die ich nach der trennung von kand. 1 gemacht hatte, fast abgewiesen worden war und bittere tränen auf der polizeiwache in berlin - charlottenburg geheult habe, weil dieser verdammte staat, auf dessen seite ich mich trotz aller zweifel ja mit meinem ganzen dasein als anwältin stelle, mir nichtmal glauben will, dass mein freund mir gedroht hat, mich aus dem fenster im dritten stock zu werfen!

ungeahnt öffneten sich in dieser supersaudunklen zeit einige türchen, und so war ich innerhalb von 8 wochen schon neu verliebt in den sogenannten "kandidaten 2" - dies, obwohl ich vor kand. 1 schon jahrelang keinen freund mehr gehabt hatte!

der mann war das, was ich brauchte - dachte ich zumindest! aber wegen der ganzen panik wegen kand. 1 kamen wir erstmal nur platonisch zusammen und verabredeten und sozusagen für eine richtige beziehung, wenn es mir besser ginge. nach 2 monaten hatte mein neuer (platonischer) freund aber schon die nase voll, grund war, dass er noch an seiner ex hing.

dann begann für mich ein liebeskummer, der nicht nur an ihn als menschen gebunden war. es war ein weltschmerz in mir, der unglaublich groß war, dazu noch unverständnis, was ich denn bloß falsch gemacht hatte in meinem leben?

naja

machen wir einen cut und gleich kommt teil 3 meines lebenslaufes.

@fee: freut mich, wenn das schreiben dir hilft. mir hilft es auch, das merke ich auch GERADE. wenn es keinen spaß macht, sollte man es übrigens auch nicht tun. das hier ist etwas, wo man nicht funktionieren muss wie sonst und ich selbst mache es auch nicht zum selbstzweck, sondern weil es mir was bringt.

also

dann bis später!

ciao

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