19 Mai 2006

von Deep_Thought am 19.5.: Merkwürdige Träume und die Unlust, dem Partner davon zu erzählen

Einen wunderschönen guten Abend, die Damen!

@Para:
Dieses Problem mit den Träumen kenne ich ziemlich gut. Bei mir ist es die Ex, die da gerne mal drin herumspukt und zu meinem Entsetzen tatsächlich noch mehr oder weniger starke Aufmerksamkeit bekommt. Auch ich scheue mich, S. davon zu erzählen. Einerseits ist es mir unangenehm, aber andererseits bin ich auch zu dem Schluß gekommen, daß ich sie damit nicht zu belästigen brauche. Ich zitiere mich mal selbst in einem meiner lichteren Momente im LK-Forum:

> > Zitat:
> > Original von sine
mein freund meint, dass träume wohl auch dinge, die eben gerade KEINE große rolle mehr im leben spielen, abarbeiten. das gedächtnis wird also geleert beim träumen. das finde ich eine sehr interessante sichtweise! < <

> He, diese Theorie kenne ich auch! Das kommt aus der Neuroinformatik:
Der Hintergrund ist, daß das Gedächtnis nicht unbegrenzt leistungsfähig ist und beim Lernen von Daten (also dem Einprägen von Erlebtem ins Langzeitgedächtnis) diese Daten oder Erlebnisse durch Veränderungen der synaptischen Gewichte als "Zustände" des Gesamtsystems gespeichert werden. Es kann dabei zu Überlagerungen und sogenannten "Hybridzuständen" kommen, was in den Eigenschaften des zugrundeliegenden Lernalgorithmus (hier: Hebb'sches Lernen) begründet ist.
Beispiel: Ich habe gestern einen Film mit einem roten Drachen gesehen und bin heute mit dem Fahrrad durch Berlin gefahren. Daraus könnte dann der Hypbridzustand werden, daß ich mit einem roten Drachen durch Berlin geflogen bin.
Um solche unerwünschten Zustände eines Assoziativspeichers (nichts anderes ist unser Gehirn) zu verhindern, gibt es nach der Lernphase auch eine "Ent-Lernphase" oder kurz Traumphase. Dabei wird das Hebb'sche Lernen umgekehrt und die Hybridzustände systematisch und gezielt "vergessen".
Naja, und beim Träumen sieht man sozusagen diese Hybridzustände, während sie ins Nirvana verschifft werden. Das würde zum Beispiel erklären, warum Träume so oft in einer Art Märchenwelt spielen, wo viel Unmögliches geschieht, aber trotzdem sehr oft eine starke Verbindung zu unserer Person besteht. Außerdem erklärt es sehr gut, warum wir Menschen trotz der strukturellen Unzulänglichkeiten eines Assoziativspeichers als Gedächtnis noch nicht völlig bekloppt in der Birne geworden sind.
Andererseits, wenn ich genauer darüber nachdenke...

Nun, das alles ist natürlich nur eine Theorie, die aber immerhin doch relativ plausibel klingt und von einigen Fakten gestützt wird. Ich persönlich finde diese Sichtweise ganz hervorragend, denn dann muß ich mir nicht ins Hemd machen, daß ein mir unangenehmer Traum etwa irgendeinen unterbewußten Willen von mir zeigt, sondern das ist nur die Entsorgung unerwünschten Gedankenmülls. <

Naja, und für mich ist das vor allem Gedankenmüll, der da entsorgt wird. Manches von diesem Müll steckt wohl ziemlich tief, so daß es auch erst nach langer Zeit unter den anderen Dreckschichten zum Vorschein kommt.
Ich war mit meiner Ex über zehn Jahre zusammen, und es erscheint mir plausibel, daß sich in dieser langen Zeit auch sehr viel angesammelt hat, was entsorgt werden muß.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, dann thematisieren diese Alpträume (und das sind sie) die immer wieder gleichen Forderungen der Ex: Ich solle ihr mehr Aufmerksamkeit geben, ich solle dies tun, ich solle jenes tun, auf mich sei kein Verlaß, ich würde sie nicht verstehen, blah blah blah blah.
Und ganz folgerichtig träume ich dann so einen Scheiß, wo sie irgendetwas durchgeknalltes von mir verlangt und ich das auch hingebungsvoll und pflichtbewußt mache und dabei aber irgendwie mich nicht wohlfühle. Kurz darauf wache ich auf und bekomme erstmal einen gehörigen Schreck, wie ich denn meine Süße mit meiner Ex so furchtbar hintergehen könnte.
Genau das wird vieleicht auch bei Dir der Grund sein, Para, daß Du Deinem Monsieur nicht von den Träumen erzählen magst.
Aber ich hintergehe niemanden, da ich in dem Traum keine Kontrolle habe, sondern eher entsetzt danebenstehe und mich der Ex zu Diensten zeigen sehe. Aus freien Stücken täte ich das niemals.
Ich glaube auch nicht, daß sich da ein unterbewußter Wunsch von mir artikuliert, denn der müßte auch sonst irgendwie in meinem Leben auftauchen. Tut er aber nicht.
Daher denke ich, daß die Müllentsorgungstheorie nach wie vor die zutreffendste Erklärung für diese Art Alpträume ist, und daß mir und Dir diese Träume nicht peinlich sein müssen.
Herrje, wenn Du sogar mit Deinem Freund pupsen kannst, dann bist Du weiter als ich, denn ich bekomme immer Schimpfe dafür. :-)

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