19 Mai 2006

kein zweifel und scheuklappen

huhu!

@isabel wrote:

Es ist seltsam zu beobachten, was es auslöst, freundlich behandelt zu werden. Es gibt für mich für den Moment kein böses Wort und keinen einzigen negativen Gedanken, keine Sorgen und keinen Zweifel.


hm hm!

*nick*

das ist wahr.

es gibt allerdings in deinen worten etwas, was mich beunruhigt. nämlich, dass du das schöne als ausnahme empfindest.

haha, natürlich KANN man nur das empfinden, was nunmal so ist. also ich appelliere sicherlich nicht an dich, jetzt mal hopphopp irgendwie mehr schön zu finden oder so!

aber ich spüre, dass du im inneren eine traurigkeit zu haben scheinst. also ich weiß es nicht, ob es stimmt, aber während du die "frohe" saite in dir erklingen hörst und uns daran teilhaben lässt, brummt das ganze "organ" ein bissle mit und das "organ" *gg oder wie soll ich sagen...* klingt etwas "bassig".

naja

ich hoffe, es passt zu deinem thema, jedenfalls habe ich einiges zu erzählen, und ich persönlich sehe DURCHAUS eine verbindung zu deinen worten (vom inhaltlichen her):

ich gehe seit mehrere wochen zu meiner ersten und bisher einzigen kundin meines schreibbüros. sie zahlt mir 10 € die stunde, 50 € habe ich bereits verdient.

sie ist eine freundin von MEINER freundin, also von meiner besten freundin, die ich hier in berlin habe. dennoch - oder vielleicht deshalb, nämlich weil meine freundin sie gepolt hat, mich auch wirklich zu bezahlen - ähm also dennoch bezahlt sie mich. statt 14 € / stunde zwar nur 10 € die stunde, aber ich bin ja selig mit 10 €!

wir sitzen real aber meist länger als die arbeitszeit, die sie bezahlt, zusammen, und sie erzählt recht interessante sichtweisen aus ihrem leben, worauf ich etwas erzähle, was dann meist damit endet, dass sie sich aufgemuntert fühlt und irgendwie im nachhinein klar wird, dass das, was sie eben noch kämpferisch erzählt hat, in wahrheit von viel traurigkeit und - in ihrem fall - auch von orientierungslosigkeit geprägt ist.

sie hat denselben namen wie meine freundin, das ist ganz witzig. aber sie ist noch älter - also meine freundin wird bald mal 39 (oder so, kann mir so was immer nicht richtig merken...), und diese frau ist aber schon mitte 40.

tjach

ich habe - endlich - jemanden gefunden, der mir auch ein feedback gibt. ich habe nichts gegen contra! aber irgendwie finde ich kaum contra. wenn es um seelenangelegenheiten geht, kriegen seit einiger zeit die meisten einen flachen atem und beginnen zu schnurren (so scheint es mir), wenn ich etwas sage. ich selbst vermute oft, dass sie mich für eine eso-tante halten, aber irgendwie wird meine vermutung selten bestätigt (ausnahme war: @elles im lk-forum, die mich als @dropje als eso-tante eingetütet hatte... dann aber oh wunder genau meinen rat - und den rat einiger anderer natürlich auch - "befolgt" hat und eine psychotherapie begonnen hat. sooooo fürchterlich eso war es also vielleicht doch nicht für sie!)

also meine kundin sagt die üblichen ja's, die üblichen pausen entstehen und ich glaube am gesicht erkennen zu können, dass sie inne hält und den blick nach innen kehrt, um erst nach einer weile wieder zu antworten.

aber - sie antwortet und das finde ich schön. ich konnte deshalb eine interessante persönliche frage mit ihr andiskutieren, sie ergab sich halt in unserem gespräch, und wenn ich darf *gg*, dann schildere ich mal das gespräch (so, wie ich es im gedächtnis habe), wer mag, kann unten weiter lesen, ich mache dort als zeichen drei kreuze (+++).

*grins*

o.k.

also meine kundin sagte, sie würde gerne mal den typen (einen arzt) anrufen, der diese stellungnahme über gerontopsychiatrie verfasst hat, die sie im rahmen der abschlussarbeit in ihrer ausbildung zur fragmichnicht-fachkraft schreibt.

ich habe genickt und bedeutet, dass das bestimmt menschlich "besser" sei, da sie ihm dann das wort erteilen würde und nicht einfach seine arbeit heruntermachen würde. immerhin ist er im management des altenpflegeheims, in dem meine kundin die abschlussarbeit macht, und es könnte für ihn sehr unangenehm werden, wenn seine stellungnahme, nach der das heim schon seit 3 jahren arbeitet, in den boden gestampft wird.

sie rückte nun damit heraus, dass sie ja mal in ihn verliebt gewesen wäre. das ist ansich ein knaller, denn eigentlich kenne ich sie erst seit diesem winter besser, und der anlass, dass ich sie besser kennengelernt hatte, war eigentlich gewesen, dass ihr lebensgefährte fremdgegangen ist und die langjährige beziehung perdü war (und noch ist).

uneigentlich sagte ich, dass gefühle meiner ansicht nach spontan seien und dass es uns nunmal so gehen könne. ich glaube, sagte ich, dass sich menschen mehrmals im leben verlieben können, manchmal auch in mehrere menschen zur gleichen zeit.

es sei nur die frage, ob wir das absolut sein lassen wollten, dass wir uns verliebt haben, oder ob wir es relativieren wollen bzw. relativ sein lassen wollen.

das verstand sie auf anhieb und wir kamen jetzt auf mein persönliches prob zu sprechen. wir erzählten uns die üblichen alt-werd-sprüche von wegen "die zeit vergeht immer schneller" *zwinkert @para zu* und "manchmal merkt man gar nicht, dass...". und dann sagte ich ihr, dass mir gerade in den letzten tagen aufgefallen sei, wie klein meine welt geworden sei. in meinem leben gebe es nur noch wenige personen, und ich lasse auch keine weiteren personen rein: auf der straße nehme ich niemanden wahr und interessiere mich auch nicht für menschen, wenn es zufällig einen anlass dafür geben könnte (beispiel: jemand fragt mich nach dem weg oder hält mir die tür auf oder bla). ich würde wirklich an nichts anderem arbeiten wollen und mich für nichts anderes engagieren wollen als für MEINE prinzipien: ich will für meinen freund da sein, ich will studieren, ich will meine ruhe.

PUNKT.

und meine kundin meinte: "oh, das ist ganz schlecht".

aus dem munde einer altenpflegerin hat so ein statement durchaus ein besonderes gewicht, finde ich. *grins*


sie sagte, ihr ginge es in vielen dingen genauso und eigentlich sei es ja auch so, dass man manchmal nicht versteht, wie es denn anders gehen soll: die zeit drängt doch, die aufgaben sind enorm. aber jetzt, nach der trennung von ihrem freund, stehe sie da mit "nichts" und sei bemüht, sich irgendwo noch wiederzufinden. außerdem glaube sie, dass die zeit auch deshalb so schnell vergehe, weil man eben nur noch wenige dinge erlebt, wenn man sich selbst so beschränkt.

wir diskutierten dann, ob es nicht aber auch eine allgemeine fragestellung an uns sei, wie man sich überhaupt noch interessieren KÖNNE. ich erzählte, dass das, was ich mir als twen gewünscht hatte - sicherheit - nun eigentlich da sei, aber es sei nicht (nur) schön, sondern es hätte einen scheuklappen-effekt. damit meinte ich, dass ich mir mit 20 "alles" reingetan hatte, dass ich in jedem menschen, den ich kennenlernte, ein potenzial sah, dass ich an dinge und menschen glaubte und mich nach ihnen verzehrt hatte, und dass darin ja auch das hier diskutierte "interesse" lag, das mir jetzt mit mitte 30 zu fehlen scheint. wir sagten - fast im chor - aber auch, dass dies jetzt nicht mehr "ginge", es sei fort, unsere lebenserfahrung hat uns die "arbeit" erleichtert und uns unsicherheit und irrtum abgenommen, aber wir können auch gar nichts neues mehr erleben, wenn wir uns nur auf unsere schon gemachten erfahrungen berufen und nie mehr den irrtum und das neue in unser leben hineinlassen würden.

meine kundin meinte, sie hätte sich einfach nur nicht getraut, diesen mann anzusprechen (der typ aus dem management meine ich, der diese stellungnahme geschrieben hat, die wir aktuell zerpflücken). "so ein schnieker mann, intelligent, gutaussehend..." - an der stelle genoss sie scheinbar seinen anblick in gedanken... *gg* - "ich habe mir gedacht, ja ich habe mir das richtig absichtlich vorgestellt, dass der doch bestimmt eine super-frau hat, kinder...".

bei dem begriff "super-frau" zwinkerte ich sie an und zeigte mit der hand auf sie selbst und sie wurde traurig und meinte: "ja, jetzt denke ich auch, dass ich mir nur klein gemacht habe. ich hatte richtig angst! dabei hatte er oft meine nähe gesucht, ich seine, er meine... jetzt verhält er sich auch anders. es sind jahre vergangen! aber mit ihm sprechen würde ich schon ganz gerne..."

es ging dann zwanglos das gespräch zwischen liebes-dingen und alltags-fragen hin und her, für mich zutreffend! denn aus meiner sicht passt alles gleichberechtigt zusammen: über liebe zu reden bedeutet auch, das eigene verhalten im ganzen zu reflektieren.


+++


also die frage für mich war: gehe ich gerade in die falsche richtung? kapsele ich mich ein, brühe ich ab, werde ich alt im sinne von starr und stumpf?

ich habe mir gedacht, dass es gut ist, darüber gerätselt zu haben und vermutlich damit schon der notwendige beitrag geleistet ist, um alles ins lot zu bringen.

ich habe mir jedenfalls vorgenommen, aufmerksamer meinem herzen zu folgen. das bedeutet, dass ich auch mit dem herzen schaue! *st-exupery lässt grüßen*

aber ich werde mich dennoch nicht in neue gewässer wagen, wenn mein herz es nicht wünscht.

will sagen:

wie schön, dass mir einer (eine) contra gegeben hat und gemeint hat, ich bin auf dem falschen weg. das tut gut.

übrigens...

... habe ich mein komisches buch mit dem mord an einer frau zuende gelesen. ich finde es ätzend. ich frage mich nun, ob ich mich so innerlich entrüste, weil ich so alt bin. ich kann mir nicht so richtig vorstellen, was an dem buch toll sein soll. ich habe das buch von meiner 20-jährigen freundin / kommilitonin geschenkt erhalten, sie verbindet mit dem buch etwas. ICH NICHT! ich finde es gequält, ich finde es möchte-gern-provokativ, ich finde den helden psychisch unterbelichtet und verwirrt.

ach so, das buch heißt "neununddreissigneunzig", den autor habe ich vergessen (belvedere oder so ähnlich) und bin zu desinteressiert, um jetzt das buch zu holen und den titel ordentlich zu notieren. ich will das buch vergessen, und es wird auch vergessen werden, falls sich nicht doch noch ein gnädiger gedanke regt in all dem zerfall der erinnerung an das gelesene, der mich interessiert.

tja

*scheuklappen sitzen noch*

:-/

gruß

sine

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