23 Februar 2007

von Matilda am 23.2.: nicht so einfach

liebe sine,

jetzt verstehst du bestimmt auch, warum ich zu deinen mutter-postings nie viel gesagt habe: ich hätte damit den finger in meine eigene wunde gelegt, und ich war offensichtlich (noch) nicht bereit dafür. auch zwischen mir und meine mom hat es immer wieder lange schweigephasen gegeben, immer dann, wenn ich es nicht mehr ausgehalten habe, wenn mir das ganze "ich-will-doch-nur-dein-bestes-gequatsche" mal wieder über den kopf wuchs. heute weiss ich, meine rebellionen waren instinktiv, ich hätte nicht genau benennen können, was mich stört und warum und wann es angefangen hatte. gerade weil ich vollbeladen mit komplexen durch mein leben gestolpert bin und längst selber glaubte, ich hätte es wohl einfach nicht drauf... wenn ich daran denke, wieviel von meiner lebenszeit ich damit verschwendet habe, "besser" sein zu wollen, anstatt einfach ich selbst zu sein, kriege ich gänsehaut.

es ist nicht so, dass ich nie auszubrechen versucht hätte. im gegenteil. aber ihre langen tentakel haben mich immer wieder eingefangen und zurück gezerrt. versteht mich nicht falsch, ich glaube nicht, dass sie mich bewusst eingeschränkt, schlecht gemacht und mit verachtung gestraft hat, sondern ich denke im gegenteil, sie hat einfach in mir ihre eigenen hoffnungen zu verwirklichen und ihre eigenen fehler zu vermeiden versucht, wie so viele eltern. und hat sich dabei in etwas verrannt, das mir wirklich geschadet hat, als mensch und in meinem (nicht-)verhältnis zu ihr.

lange dachte ich dann noch, ich dürfte nicht wütend auf sie sein, schliesslich ist sie meine mutter. jetzt aber habe ich eine riesenwut. vermutlich hat die erkrankung meines vaters das fass einfach zum überlaufen gebracht: verdrängen ist nicht länger möglich, eine grenze ist erreicht, die ich nicht einfach ignorieren kann. ich sage dir ehrlich: wäre da nicht mein papi, ich würde mal wieder einfach abtauchen. so wie du das gemacht hast. und für so lange, wie ich es für richtig halte...

als ich meine therapie eben begonnen hatte, habe ich im fernsehen einen satz gehört, der sich in meinem kopf festgesetzt hat und mir seither immer vor augen steht: wenn der damm bricht, kannst du nur noch schwimmen. das ist es auch, was ich im moment mach: ich schwimme um mein leben.

matilda

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