17 Juli 2006

keine angst vor der angst

huhu isabel,

die "angst vor der angst" ist ein mir sehr geläufiges thema. ich habe früher als schülerin so ab meiner pubertät immer solchen abartigen schiss gehabt, dass ich wieder gehänselt werde und dass irgendetwas schlimmes passiert - schulranzen ausleeren, kaugummi in die haare kleben, oder auch eigene malheurs, die die aufmerksamkeit dann ebenfalls auf mich richten würden, wie z.b. sich bekleckern oder stolpern -, dass ich richtig geschwitzt habe.

das war dann echt nicht mehr witzig. ich war schon verschwitzt, bevor ich in der schule angekommen bin! ich habe es darauf geschoben, dass ich in der pubertät war. aber es ging nie weg außer in einer lebensphase: als ich meine erste große liebe kennengelernt hatte. damals war ich in seiner gegenwart "trocken" ^^ und ich war in seiner abwesenheit so uninteressiert an allem, dass mich nichts mehr aufgeregt hat und ich ebenfalls keine angst mehr hatte.

vielleicht ist das ein nicht unbeachtlicher grund gewesen, dass ich meine "große liebe" so zum persönlichen gott stilisiert hatte.

ich hatte mir allerdings schon immer gedacht, dass diese schwitzerei nichts anderes ist als die...: angst vor der angst!

ernsthaft: ich hatte mich in panik versetzt, weil ich vielleicht etwas schlimmes - angstmachendes! - erleben könnte. KÖNNTE! nur "KÖNNTE"!

ich habe damals mein erstes psychobuch gelesen, als meine große liebe sich doch eher deutlich, aber mit denselben ungaren ansagen (eher den warmhalte-ansagen als den schlussmach-ansagen) aus meinem leben zurückzog. es handelt von angst, aber die lösung zu meinem prob fand ich nicht, im gegenteil, mittlerweile war ich twen und neigte dazu, mich in menschenmengen dermaßen unwohl zu fühlen, dass ich mich fragte, ob ich klaustrophobie oder was auch immer hätte.

naja ich verliere immer den überblick, wenn es mehr als 4 personen sind, mit denen ich zusammen bin. das ist halt so, aber die panik, die sich dieser feststellung anschließt (der feststellung, dass ich keinen mehr erkenne und somit den überblick verliere), blieb einfach aus, weil ich keine lust darauf hatte, eine schreckhafte persönlichkeit zu werden.

soooho

aber der gedanke, dass man angst hat vor der angst und dass eine radikalkur helfen könnte, den hatte ich auch schon öfter. ich habe diesen weg dennoch nie gewählt, und ich glaube, er hat bei dir auch nur deshalb funktioniert, weil er eben passiert ist und nicht, weil du deine (existenz-)angst mit einer schocktherapie heilen WOLLTEST.

und...: meine persönliche schocktherapie habe ich schon hinter mir, vielen dank auch. auch ich stand vor dem finanziellen, sozialen und psychischen aus. das war, als mein kandidat nr. 2 meine mutter bedrohen wollte, mich bloßstellen wollte, mir gewünscht hat, dass ich aids hätte und mich aus dem fenster hatte fallen lassen wollen. das war die zeit, wo ich alles (wenige) geld, was ich besaß, in die miete für eine 3-zimmer-wohnung stecken musste, mein dauernd (o.k., nur 2 mal) aufgebrochenes auto (eigentlich) hätte reparieren müssen, mir eine videokamera und sonstiges gekauft habe, ohne noch vernünftig arbeiten zu können (was ich aber dennoch versucht habe), um mich irgendwie abzusichern. das war die zeit, wo ich dachte, wenn er mich umbringt, wird er es nicht so leicht hinbekommen, weil ich allen erzähle, was ich mache und alles befilme in meiner wohnung, jede sms archiviere, mit der er mich belästigt und bedroht hatte...

ich dachte damals, das macht keiner lange mit und ich verliere als erstes meine mama, und als zweites alle meine freunde und meinen job.

naja

dass es anders kam, ist für mich so ähnlich wie für dich einfach "passiert". ich bin nicht der ansicht, dass ich es noch beeinflussen konnte, sondern ich war absolut am boden und hab nur versucht, den nächsten tag noch zu erleben, und sei es auch nur eingebildeterweise, weil ich angst hatte und bei jeder zugeknallten tür gedacht habe, "jetzt holt er mich" und so weiter.

DAS hat mich nicht kuriert, vielleicht hatte ich meine ängste aber dennoch irgendwie (entfernt) ähnlich abgebaut, indem ich zuvor in vielen einsamen stunden klagen geschrieben habe, wovon ich dachte, dass ich sie nicht schaffen würde, gerichtsprozesse (als anwältin) zu managen versucht habe, vor denen ich die ersten jahre auch urst schiss hatte und ich war in ewig vielen gefährlichen situationen privat, mal hab ich mich vor jemanden gestellt, der gerade eine reingehauen bekommen sollte, mal bin ich mit suizidär angehauchten gedanken 180 stundenkilometer gefahren obwohl irgendwas geklappert hat an meinem auto...

vielleicht überdramatisch, gell, aber mein pt meint dazu, dass meine gedanken und gefühle mir diese situationen dann aber realistisch und absolut (!) bescheren, also kann für jemandem schon die anwesenheit einer einzelnen biene eine todeserfahrung bedeuten, wenn er glaubt, er könnte von einem baldigen bienenstich sterben...^^

hm ja

isabel: unausgereifte gedanken sind doch o.k., immer her damit. ich weiß auch nicht zu beginn meines geschreibes, wohin ich gerate mit dem jeweiligen posting. das ist gut so. GANZ abwegige sachen schmeiße ich raus, aber das meiste ist doch o.k., so denke ich, und so solltest du auch denken.

also meine replik: guter gedanke, aber die angst vor der angst kenne ich so gut und würde sie erkennen, wenn sie aufgetaucht wäre.

nein, ich glaube eher, es ist etwas, was du auch (!) angesprochen hast, dann aber nicht zum thema deines postings gemacht hast:

Eine Kindheit ohne dass dieses Urvertrauen unbeschwert aufgebaut, gepflegt und gestreichelt, unterstützt und gefördert wurde, verläuft wenn schon nicht schwierig dann zumindest nicht optimal und bereitet den Nährboden für alles Mögliche, vor allem für die Depression.


hier höre ich ein blechernes geräusch, du hast den topf erwischt, den ich nicht sehen kann und den ihr auch nicht sehen könnt (wie ich vermute... *gg*).

vielleicht IST es das ja doch, mehr ist es nicht: eine kindheit, die nicht sooooo rasig toll war eben.

samstag waren monsieur und ich auf einem familienfest bei den ellies meiner freundin. komisch, ich habe dort LANGE darüber nachgedacht, welche anlagen wir in die wiege bzw. in unsere kindheit gelegt bekommen und was man daraus macht und machen KANN. bei meiner freundin habe ich gedacht, dass sie es wirklich nicht leicht hatte. und doch ist es offenbar, dass sie daraus "leicht" etwas machen KÖNNTE! sie muss hier nicht ein leben lang den fels in der brandung spielen und verantwortung übernehmen, die sie selbst als belastend empfindet und die sie immer wieder zu dem gefühl der ohnmacht bringt und den gedanken des versagens nährt. sie KÖNNTE sich davon befreien und wäre dennoch mindestens genau so hilfreich für ihre familie wie jetzt.

jaja

bei anderen sieht man so etwas noch schneller und klarer, als bei sich selbst, nicht war. aber das erkennen des problems ist und bleibt eben nur der anfang. es fehlt noch der mittelteil und das ende des prozesses: wie geht man konkret mit diesem oder jenem kindheitsproblem um?

ich glaube, ich tüte erstmal den anfang ein: ich habe ein problem mit meiner kindheit. so

und nun abwarten, vielleicht schlüpft die lösung des problems ja auch nach ner weile von selbst... ^^

monsieur übrigens hat keine zweifel daran, dass unsere libido ganz o.k. ist, hab ich gestern gemerkt. *erröt*

will sagen: dass ich mir zu ödipalen komplexen gedanken machen sollte, brauch ich jetzt glaub ich nimmer in meinen gedanken. wir haben, so denke ich, schon herausgebastelt, dass es irgendwie halt mit kindheit zusammenhängt, wenn man vertrauen hat. wenn ich vertrauen habe in einer beziehung, muss nicht gleich ödipus dahergelaufen kommen...

gell

gruß

sine ohne ödipus

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