22 September 2006

von Isabel am 22.9.: Lady D!

Es gibt so seltsame Tage, an denen ich noch unkonzentrierter bin als sonst. Wenn solche Momente mit einem erhöhten Arbeitspensum zusammenkommen, wird’s kritisch. So wie heute.
Es gibt noch eine Menge im Büro zu tun. Es stehen auch bald wieder Prüfungen an. Das Lehrprogramm ist schon online, die Literatur wartet zusammengesucht, geordnet, gelesen zu werden.
Studiengebühren sind einzuzahlen, es sind tausend Dinge zu erledigen.

Auf das neue Semester hatte ich mich sonst immer so gefreut. Wie auf die Schule, damals. Ja, ich ging gern zur Schule.
Seltsames Gör …*ggg*
Die Schule war die einzige Ordnung, die einzige Regelmäßigkeit in einem chaotischen Kinderleben, daran hielt ich mich gern fest.

Aber heute kann ich mich nicht freuen, bin unruhig und unkonzentriert und mit den Gedanken weit weg. Überall und gleichzeitig, auch bei euch und Lady D!
Da sie euch so sehr zu beschäftigen scheint, wollte ich nachlesen, was sie so schrieb, was ihr geschrieben habt, wie das war, wo der Knackpunkt zu finden wäre, der die Abneigung ausgelöst hat.
Ich konnte ihn nicht finden, liegt wohl an meiner Unkonzentriertheit.
Kann auch am Zeitabstand liegen, dass das nicht mehr nachvollziehbar ist, kann sein.

Also suchte ich nach Schlüsselwörtern, die sich wiederholen - denn in der Gewohnheit, in immer wiederkehrenden Beteuerungen sieht man oft die grundlegende Denkweise, denke ich, und mir fiel dann doch etwas auf, das ich euch erzählen möchte, auch damit es mich nicht mehr beschäftigt :-)

@ sine schrieb vorhin:

weiß nicht, wie ich das besser ausdrücken soll.

Das wüsste ich auch nicht, denn du drückst dich bereits so aus, dass es besser nicht sein könnte, finde ich. Du triffst den Punkt so oft und oft denke ich mir, ja das wollte ich eigentlich sagen.
Du weißt, dass das eine seltene Gabe ist (ich sagte es schon einmal) und Gaben rufen Neider auf den Plan. Das ist oft so und weil es häufig vorkommt, nennt man es menschlich.

An Lady D! fiel mir eine große Unsicherheit auf. Eine bewusste Unsicherheit, die die Unsichere selbst als sehr störend zu empfinden scheint, wobei Lady C! ihre Unsicherheit auslebt.
Auch dass sie immer wieder ein Stück weit nicht mitkommt und vor allem, dass sie sich zu weigern scheint (!?) gewisse Dinge zu verstehen.
Das kann ja viele Ursachen haben, über die ich nur spekulieren kann und deshalb auch immer mein Abdriften in den "Allgemeinen Modus“ bevorzuge, bevor ich referiere, was alles sein kann.

Wenn es mir erlaubt sein darf, sie weiter zu bewerten - und man merkt schon, wie unangenehm es mir ist, habe ich mir doch die wissenschaftliche Wertungslosigkeit auf die Fahnen geheftet, wohl in der Hoffnung, nicht selbst ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten - dann würde ich einfach sagen: sie ist sehr unglücklich. Viel mehr als sie vll zuzugeben, aufzuschreiben, einzugestehen bereit ist. Vll war es wirklich noch zu früh für diesen Thread, der von niemandem mehr gefüttert wird.

Und solche Beobachtungen nehme ich immer zum Anlass, mich selbst zu beobachten, wie @sine schon - völlig richtig - vermutete.
Ich frage mich, ob ich auch so bin oder war wie unser Studienobjekt, von mir hier geadelt (Vorsicht, Ironie). Ich frage mich, ob ich auch mal ehrgeizig war und mir selbst nie genug und immer auf andere schielte, die immer besser zu sein schienen und immer unglücklich und unzufrieden war und immer dieses Gefühl hatte, egal was ich tu und mache und plane, ich bin immer den anderen einen Schritt hinterher.

Könnte das auf D zutreffen? Natürlich spreche ich immer nur von mir.
Es war eine passende Beschreibung und ich dachte auch, das wäre normal. Diese nicht enden wollende, nagende Unzufriedenheit hätte mich aber eines Besseren belehren sollen.
Das alles änderte sich eines Tages. Nicht von heute auf morgen, aber doch in kurzer Zeit, nämlich als ich J. traf. (Ja, ja, alles fängt mit J. an, Hr. Zufall ist sowieso ein Perverser).

Im Moment der tiefsten Depression, des größten Weltschmerzes und des absoluten Unverständnisses über die Zusammenhänge in der Welt, lief mir einst ein Held über den Weg.
Eine Freundin - die einzige, die meine Geschichte kannte und mitverfolgen konnte - nannte ihn einen Erdengel, das fand ich nett.

Er hatte alle guten Eigenschaften, die man sich gern von sich selber wünschen würde, aber es fehlte der Ausgleich: er hatte keine schlechten. Es gab kein böses Wort, wahrscheinlich nicht einmal einen bösen Gedanken, er war stets sanft und liebevoll in allem was er tat, und jede Aggression war ihm fremd.

Und wie ein Licht unter Motten zog er dementsprechend alle an. Ich sagte ihm einmal im Scherz, er hätte Guru-Qualität, er war sehr schockiert. Denn niemals wäre ihm eingefallen, die Macht, die man ihm freiwillig gab, auch zu nutzen, ganz im Gegenteil - er hielt sich stets bescheiden im Hintergrund. Den Oberflächlichen fiel er zunächst gar nicht auf und das war ihm Recht so.
Der Zufall wollte es, dass ich seine Projekte betreute, für kurze Zeit, dann musste er wieder weiterziehen - temporäre Kooperationen …

Doch seine Anwesenheit, seine Nähe, diese Gespräche, die kurze Zeit mit ihm veränderten alles. Vieles, das ich früher ablehnte, weil ich es nicht verstand, erschien in einem neuen Zusammenhang, so vieles konnte er vermitteln und eines lernte ich vor allem, das war mir neu:
was passiert, wenn man sich nicht in die Mitte drängt, doch dennoch sagt, was man sich denkt, was passiert, wenn man authentisch lebt: man kann sich selber lieben lernen, das brachte er mir bei. Ein Entwicklungsschritt, den ich ohne ihn wohl nicht so bald geschafft hätte, so machte unsere Begegnung Sinn.

Daher denke ich, hat jeder eine Chance auf ein zufriedenes Leben, wenn nicht von selbst, dann vll mit dem großem Glück, einem J zu begegnen, der die Anleitung hat.
Um zurück zu Lady D! zu kommen, sie hatte dieses Glück noch nicht und wird es vll niemals haben, wenn sie sich in ihrer Unsicherheit so sehr versperrt gegen alles, was ihrer Meinung nicht in den elitären Kreis gehört und bringt sich damit vll um das Schönste im Leben. Das trifft auf so viele zu. Und ich kann nur Mitleid haben, denn eine Hilfe bin ich nicht.

Das ist meine eigene Geschichte, @sine, oder zumindest ein Teil davon: mitten im größten Scheidungsdrama lernte ich die Rettung kennen und hab’s vermasselt, unverzeihlich nicht?

Es ist wohl kein Wunder mehr, dass ich das nicht im Forum ausdiskutieren wollte.

Aber danke, dass ich immer wieder hier alles schreiben darf - wenn auch nur als Fragment und aus dem Zusammenhang gerissen und so oft unverständlich.

Vielen Dank und euch allen ein schönes Wochenende!

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