27 Juli 2007

von Isabel am 27.7.07: von Belastungen

Ein Huhu am Freitag und meine Gratulation zur fleißigen Prüfungsvorbereitung, liebe @sine.

Wenn ich lese, dass du noch im Prüfungsstress bist (weil ich vergessen habe, wie lange die Prüfungszeit bei euch dauert), dann habe ich ganz automatisch ein schlechtes Gewissen, wenn ich mit so heiklen Themen komme -
aber andererseits: gibt es einen richtigen Zeitpunkt für heikle Themen

???

Daher vertraue ich darauf, dass ich einfach losschreiben darf und du antwortest dann oder wann oder wenn du möchtest, ich vertraue darauf, dass du das ohnehin händelst mit den Hähnchen, die zu rupfen sind.

Was mir auffällt und warum ich das Thema eigentlich (wieder) angeschnitten habe:
du bist bzw. schreibst so ganz anders, wenn es um deine Mutter geht.

Daraus schließe ich, dass es dich belastet, mehr als andere, die vll ihre Probleme nur nicht sehen oder nicht sehen wollen oder die Ignoranz so weit treiben, dass die Belastung tatsächlich spürbar leichter wird.

Das ist es, was ich ansprechen wollte und das mir Leid tut: Belastungen.

Sie sind die Hemmschuhe im Leben, die Päckchen, die wir mit uns tragen und egal, wie wir sie nennen: verflossene Lieben, die wir nie verwunden haben, sprechende Gnome, die unsere inneren Stimmen repräsentieren oder eben die grauen Eminenzen, die uns als Instanzen das Leben vorschreiben.

Alle Belastung, alle schwerwiegende, scheinbar nicht zu überwindende Belastungen, die das Leben so schwer machen und nicht bereichern können, hinter sich zu lassen, ist mein erklärtes Lebensziel.

Ob räumliche Distanzen zur emotionalen Loslösung führen können?
Nicht notwendigerweise, da hast du schon Recht, liebe @sine.
Aber sich ohne räumliche Distanz zumindest so weit emotional zu lösen, damit es nicht mehr belastend ist, halte ich für unmöglich.

Und auch diesen Gedanke finde ich nachvollziehbar, wenn du schreibst:

ich glaube dir ehrlich gesagt nicht, dass du mit deiner mutter einfach durch die distanz keine probleme mehr hast.

Probleme lösen sich durch Ignoranz nicht auf, das stimmt. Man lebt nur leichter mit ihnen: mit denen, die man nicht lösen kann und mit denen man leben muss oder müsste, aber mit denen das Leben in räumlicher Enge unerträglich wird.

Ja, es stimmt: ich habe mich von den Problemen, die ich nicht lösen kann, völlig distanziert und sie sind dadurch nicht verschwunden, aber es ist etwas Entscheidendes passiert:
ich habe dadurch kein Problem mehr mit mir selbst.

Es belastet mich nicht mehr und das war das Befreiende. Aber es stimmt natürlich auch, wenn du sagst, dass jeder seine eigenen Mechanismen finden muss, es ist nicht übertragbar.

Als die Sorgen mit der family kein vorrangiges Thema mehr waren, habe ich mir ja andere gesucht und es stellt sich die Frage, warum man (also ich) nach Sorgen sucht, wenn man doch eigentlich keine hat … tja …

Aber diesem Entledigen von Sorgen ist auch etwas Entscheidendes vorangegangen: es hat mich nicht mehr interessiert, was Mama denkt. Warum auch, es war ja abschätzbar, ihre fiktiven Sorgen und Ängste waren mir bekannt, da kam nichts Neues mehr.

Wenn ich mir jetzt die Frage stelle, was denn nur passiert ist, das mich zu dieser Interesselosigkeit gebracht hätte, die ja nicht immer da war, zumindest nicht als Kind …

… dann fällt mir dieser Satz auf:

und dass eine mutter ihr kind jetzt nicht über alle maßen liebt, ist doch auch kein verbrechen.[…] es bestimmt nunmal mein leben.

du bist ihr (ungeliebtes) Kind, @sine
und ich bin das nicht.
ich sehe mich nicht mehr als das Kind meiner Mutter, ich bin nicht mehr das Kind meiner Mutter.

Ich WAR das Kind meiner Mutter.
Und auch sie hat mich gelenkt und erzogen, wie sie es für richtig hielt. Wie falsch es sein kann, sieht man ja immer nur im Nachhinein und meist gar nicht ohne Feedback der Kinder (sofern man das annehmen kann).

Aber das bin ich heute nicht mehr. Ich bin nicht mehr ihr Kind. Ich bin nicht mehr das Kind meiner Mutter. Ich könnte ihre Freundin sein. Ich könnte eine Verbündete sein, ich könnte ein gleichwertiger Gesprächspartner sein.
Ich könnte, theoretisch.

Da das aber gescheitert ist, vor allem weil wir nichts gemeinsam haben, gibt es keine Freundschaft. Es gibt keine Gleichwertigkeit, es gibt kein Verständnis. Es gibt nichts und daher gibt es auch kein Interesse.

Das klingt vll grausam und es klingt lieblos, es ist lieblos.
Es ist aber auch das logische Ende der Entwicklung einer lieblosen Beziehung zweier Menschen.

Denke ich heut.

Wünsch euch was Liebes,
Isabel

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