13 Mai 2007

von Isabel am 13.5.: wegen der phantasie, die halt unendlich ist

Ein Huhu am Sonntag, natürlich sitze ich (schon wieder) im Büro und natürlich bin ich (schon wieder) nicht fertig geworden gestern - aber langsam durchschaue ich das System dahinter: ich werde nicht fertig. Eben nie und mit nichts. And so what? Ist doch auch schön, wenn man immer was zu tun hat.

Da las ich deine Geschichte, liebe @sine und dass ich jetzt darauf antworten MUSS und meine Arbeit liegen lasse ist auch ein Indiz dafür, dass ich wohl nicht fertig werden will. Vll fürchte ich mich auch ein wenig von diesem Fertigsein, ist es doch ein Ende.

Wie auch immer, die Art und Weise, wie du etwas erzählst und wie sehr dich diese Dinge berühren, weckt in mir (zum wiederholten Mal) das Bedürfnis dir zu schreiben, wie es auf mich wirkt, wie du auf mich wirkst und wie ich dich sehe.

Was ja auch an Unverschämtheit grenzt und ich mir sicher bin, dass ich das umgekehrt nicht lesen wollte. Und noch dazu, wo du doch keinen Wert auf Feedback legst, wie du einmal geschrieben hast. Daher bin ich sehr unsicher. Darf ich das denn? Kann nicht die Wahrheit auch sehr beleidigend sein?

Naja, ich versuche es so wertfrei wie möglich zu formulieren. Aber halt, das geht ja gar nicht. Wenn einem etwas auf der Seele liegt oder am Herzen oder wo auch immer, dass es raus muss, kann man dann jede Wertigkeit vermeiden? Ich wollte dir schon so oft ein Feedback geben, um mich dann doch zurückzuhalten.

Und nun bitte ich gleich mal vorweg um Verzeihung, wenn ich das heute nicht kann. Eigentlich habe ich gar keine Ahnung, warum ich das nicht kann und auch nicht, warum ich das hier schreibe. Warum eigentlich?

Es ist so: du liegst mir am Herzen. Deine Art zu schreiben liegt mir am Herzen und selbstverständlich betrifft das auch @matilda. Vieles was an dich gerichtet ist, betrifft auch sie. Also lasse ich heut meinen Gedanken freien Lauf und bitte um Nachsicht, wenn es zu persönlich werden sollte, es ist jedenfalls nur gut gemeint (oje).

Der Selbstmord eines Unbekannten hat dich also so sehr mitgenommen, was dich selbst verwundert hat? Jetzt ist mir im Gedächtnis, dass dich das Thema schon länger beschäftigt, du hattest sogar einmal geträumt, dass es d.t. betrifft? Fazit: ein dir nahe stehender Mensch könnte sich selbst schaden ohne dass du etwas tun kannst - kann man das so beschreiben?

Und die Art und Weise wie du dich damit beschäftigst zeigt mir einmal mehr, wie sehr empfindsam du bist, wie hellhörig, wie aufnahmefähig, beeindruckbar und mitfühlend.
Das sind zwar alles sozial sehr anerkannte Eigenschaften, sie sind aber auch sehr gefährlich, nämlich für dich selbst.

Daher meine Theorie, dass du alle deine Schwierigkeiten und Probleme und Belastungen im Leben auf dieses zarte Gemüt zurückführen kannst. Ein Segen und ein Fluch gleichermaßen.

Dich nur zu bitten, auf dich Acht zu geben, ist zu wenig. Es klingt schon so abgedroschen und würde wohl nur noch ein müdes Lächeln erzeugen können.
Aber wenn ich schreibe, wie sich diese Gefährlichkeit meiner Meinung nach auswirken könnte, würde (keinesfalls sollte), gehe ich dann nicht zu weit?

Deine Selbsteinschätzung ist ganz offensichtlich so sehr konträr zu meiner Fremdeinschätzung und ich überlegte schon oft, woher, wodurch das kommt.

Zum Beispiel dieser Studentenjob. Ich frage mich schon, warum du dich für so etwas bewirbst? Das kann ich nicht verstehen. Warum bewirbt sich jemand wie du, der empfindsam und äußerst klug und hochgebildet ist für einen Idiotenjob? Mehr noch: ist es fair den Idioten gegenüber? Du nimmst ihnen den Job weg.

Mir ist schon klar, dass das jetzt sehr arrogant klingt und es tut mir Leid. Aber das ist mal ganz unbeschönigt, was ich mir denke: Warum tut sie das? - permanent ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und freiwillig darunter leiden?

Jetzt kenne ich ja weder die Jobaussichten in deinem Umfeld noch den wahren Grund für deine Bescheidenheit, ich kann ihn nur erahnen. Aber bist du dir eigentlich wenigstens manchmal bewusst, wie sehr Bescheidenheit auch eine Bremse sein kann? Sie ist nicht nur eine Tugend, wie dir wohl von klein auf eingetrichtert wurde.

Wie kann man sich gegen diesen Trichter wehren? Ein Revoluzzer braucht etwas Essenzielles: Aggressivität und auch ein wenig Abgebrühtheit. Ich wusste lange nicht, ob ich das habe. Du hast es definitiv nicht.
Also muss das anders bewältigt werden, es muss irgendwie raus! Um einmal ganz lapidar zu formulieren.

Und du weißt, wie das geht, nicht wahr? Du kannst - so vermute ich - nur auf eine Art und Weise so etwas bewältigen: du musst darüber schreiben. Also bitte schreibe! Was macht dein Buch, so lange schon hast du nichts mehr davon erzählt…

Und noch was, wenn wir schon dabei sind: dieses Studium. Ich würde mich sehr täuschen und dürfte nie wieder einen Menschen einzuschätzen versuchen, wenn du mir jetzt allen Ernstes erzählen willst, BWL macht dir Spaß!
Mir scheint es eher wieder als einen deiner Umwege. Nur warum du eher den Umweg suchst, das wage ich nicht zu interpretieren.

Und da auf die Peitsche erfahrungsgemäß das Zuckerbrot folgt, möchte ich dich gern ein bisschen trösten und umarmen, falls das gelingt, so rau wie ich heut bin.

Denn dass dich dieser Fleck vor deinem Fenster belastet, verstehe ich schon. Er ist da wie ein Mahnmal und das vor deinem Zuhause, deiner Privatsphäre, deiner Burg. Es ist ein unerlaubtes Eindringen in deine Welt und so etwas kann sehr durcheinander bringen.

Aber ich glaube fest daran, dass es hilft, weiter darüber zu schreiben, diesen Vorfall in deine Geschichte einzubauen und ihr damit einen neuen Aspekt zu geben.

Aber vll täusche ich mich heute auch in allem.

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