11 April 2007

blumenliebe

Matilda wrote:
wie bist du denn aus diesem schlamassel rau gekommen? ich meine, was war der auslöser für den umschwung zur blumenliebe, zur sonnenliebe, zur SELBSTliebe?


*verlegen*

jaja die blumenliebe... ist ein bissi peinlich, find ich, dass ich es so sage. aber worte sind für die zufriedenheit (oder sogar: für das glück), was ich jetzt häufig empfinde, inmmer eher unpassend, fürchte ich.

ok aber nun isses ja schon so peinlich für mich, also weiter damit!

:-D

ich weiß nicht, wie ich da herausgekommen bin. ich muss sagen, dass die konfrontationen im liebeskummer-forum für mich enorme schritte nach vorn bedeutet hatten. ich denke, es hat mir auch nicht immer nur geschadet, wenn ich mit leuten diskutiert habe, die mich nicht richtig verstanden haben. jedes mal, wo ich meine gedanken in worte fassen musste (oder wollte), erdete ich mich ein bißchen und konnte dann weitermachen auf der basis der gedanken, die ich gerade zu erhaschen versucht hatte.

tagebuchschreiben wäre nicht so günstig gewesen, glaube ich. wie gesagt: therapie bedeutet, dass man akzeptieren lernt, dass sich alles verändern kann. auch die vergangenheit. hätte ich mir alles aufgeschrieben, wäre das schreiben nicht nur ungeheuer mühsam geworden - ich hatte ja nach meinem besuch bei meiner mom schon erzählt, dass die sichtweisen von früher im nachhinein ungeheuer verworren erscheinen und man mühe hat, sie in kenntnis eines neuen blickwinkels überhaupt noch ernst zu nehmen. das schreiben wäre nicht nur mühsam gewesen, es wäre auch zu viel der ehre und anstrengung gewesen, denn ich hätte im zweifel nur die vergangenheit mit sehr viel energie herbeibemüht, anstatt mich auch mal auszuruhen und das neue gefühl (meine verständnis-schritte waren fast immer eine ganze gefühlswelt) zu erleben.

will sagen:

das flüchtige schreiben im internet war sehr günstig gewesen. mein pt kam damals kaum noch mit mit den entwicklungen - ich selbst dachte zwar, ich sei total neben der spur, aber er war so begeistert, dass er mir am ende ja kaum glauben konnte, dass ich KEIN psycho-buch gelesen hatte und mir alles selbst ausgedacht hatte (ich hab damals die figur des herrn selbstzweifel zu beschreiben versucht und mein verhältnis zu dieser gedachten person).

und DANN... hat die langeweile in der therapie, die gewissheit, dass "es hilft", mich aus der therapie getrieben. das war sehr schwierig für mich zu beurteilen, ob ich es richtig gemacht hatte: mein pt meinte, ich sei noch nicht fertig mit der therapie und willigte nur unter dem vorbehalt in das ende meiner therapie ein, dass ich zurückkäme, wenn ich einen "rückschlag" hätte oder mich sonst irgendwie danach fühlen würde. zudem hatte er bedeutsam gesagt, es kämen sicher noch "rückschläge" und ich sollte nicht verzweifeln.

:-/

aber ich wollte wirklich nicht länger in diesem geschützten bereich meine theorien ausbrüten und mit meinem therapeuten besprechen!

ich wusste, langsam wird es albern...: ich kann doch nicht erzählen, dass ich mich besser fühle, wenn ich jede woche zum pt renne, der mich dann ggf. bestärkt und aufbaut. ich fühlte mich wie am tropf! was, wenn die bestärkung durch die psychotherapie wegfiele?

DESHALB hab ich die therapie beendet.

in meinen augen kam jeder erfolg in meiner therapie nur auf der ebene zustande, dass ich mich auch voll darauf eingelassen habe. ein verständnis für meine probleme bedeutete ja, dass ich diese probleme dann auch irgendwie einordnen musste (oder wollte) und sie nach möglichkeit LÖSE. lösungen, die ich in entspannter atmosphäre für mittlerweile nicht wenig geld (die krankenversicherung zahlte bei mir nach einem jahr nur noch 90 % und im dritten jahr wäre es noch teurer für mich gewesen) vor mich hinplapperte, waren doch nur träume...

wie das mit der blumenliebe *örks* kam, weiß ich nicht. es kam so. manche dinge kamen so, und immer war es irgendwie am ehesten mit einem schock vergleichbar, denke ich. ich habe oft gesagt, dass es halt situationen gab, in denen mir eine art schleier weggenommen schien - ich wusste irgendwie, dass es DAS ALLES wohl schon immer gegeben hatte, was mich jetzt SO ansprach. aber ich hatte es einfach nicht wahrgenommen.

ich hatte im lk-forum zwei vielschreiber gehabt. ich hab beide vergrault, aber bis zu den real-life-treffen, wo ich sie dann jeweils vergrault habe, war es sehr interessant.

beide hatten therapie-erfahrung. der eine war ein wirklich sehr netter und auch hm sagen wir musischer typ. ihm mangelte es ungeheuer an selbstbewusstsein, und dummerweise war ich gerade in einer phase, in der ich es gerade VERMEIDEN wollte, einem problembeladenen menschen wie verrückt von meiner energie abzugeben. er musste sich schon am eigenen schopf aus seinen eigenen problemen ziehen, und ich war erstaunt, dass ihm das nicht zu gelingen schien in seiner therapie.

ich habe dann aber (glaube ich zumindest) verstanden, warum ihm die therapie keinen nutzen brachte: er hat gar keinen aufschwung erwartet. er ist in einer art gehorsam zur therapie getrottet! ich will gar nicht darüber mutmaßen, ob er seine umgebung nicht geradezu genervt hat mit seiner anlehnungsbedürftigen untertänigkeit, der immer ein trotz innewohnte und ihm ein dilemma - nämlich die distanz in der totalen nähe - bescherte! es war mir ehrlich egal, was bei ihm wie warum und weshalb war.

ich war einfach nur enttäuscht von ihm - keine ahnung, was ich manchmal so belastend finde an menschen, die sich freiwillig fesseln anlegen und dann leiderfüllt vor sich hinvegitieren!

an der oberfläche zeigte er dann, dass er seine therapie sehr ernst nehme und präsentierte ausgefeilte und weitverzweigte geschichten über seine eltern, über seine geschwister, alles mögliche, und immer war die berühmte kindheit schuld an seinen aktuellen problemen.

ich muss zugeben, ich leide schon noch darunter, dass ich ihm nicht geholfen habe. ich habe schon oft in meinem leben diejenige gespielt, die dann die hand gereicht hat, die auf die positiven dinge hingewiesen hat, die ablenkung und lernen vermittelt hat... aber erstens hatte ICH selbst ein problem, und zweitens war die gefahr, dass ich erneut vor mir selbst davonlaufe, indem ich mich für einen anderen hergebe mit meinem ganzen denken und hoffen, sehr groß.

es kam, wie es vielleicht auch kommen musste: er beschimpfte mich. ich weiß nicht mehr, worum es ging, aber verstanden habe ich seinen zorn so: er war es durchaus gewohnt, dann emporgehoben und behandelt zu werden, wenn er sich geöffnet hat. für ihn war ich eine starke persönlichkeit, die geradezu zaubern konnte und ihm sozusagen mit einem fingerschnippen helfen konnte. es steckte ein aberglaube in seinen enttäuschten worten, dass ich ehrlich nicht mehr zuhören konnte.

dasselbe ende fand auch die virtuelle freundschaft mit einem anderen liebeskummer-bekannten. von DEM allerdings habe ich etwas mitgenommen, was mir zu beginn NULL eingängig gewesen ist: die blumenliebe. er formulierte (leider wiederholt): "nun sehe ich die blumen am wegesrand". das fand ich lächerlich, und mein instinkt hat mich (meiner ansicht nach) auch nicht getrügt: der mann hat nur von etwas geredet, es aber nicht (immer) wirklich erlebt.

nun ja

beide waren mir ein abschreckendes beispiel! so wollte ich meine therapie nicht entwerten.

ich denke, jeder muss seinen eigenen weg finden. diesen weg zu finden, ist einfach und schwierig zugleich: man muss ihn suchen. ich habe meinen weg gesucht: direkt oder über umwege, lernen von anderen oder vermeiden. mein pt meinte, jeder entwickelt einen blick für sein inneres. es sei normal, dass man dafür bezeichnungen kreiert, die es so nicht gibt im gesellschaftlichen konsens. es kann auch sein, dass man sein inneres gar nicht benennen kann - aber jeder, bei dem die therapie anschlägt, beginnt, seine schwächen zu akzeptieren und seine stärken nicht überzubewerten.

ich glaube, therapie macht lust auf neues. ich denke oft, wenn ich - wie meine strafgefangenen, die ich ja noch betreue - eingesperrt wäre, ich hätte noch so viel zu unternehmen und zu entdecken IN MIR...!

dummerweise, so muss ich zu dem gedanken des mönchischen eingesperrtseins hinzufügen, dummerweise sind die meisten erkenntnisse nicht produzierbar ohne entsprechende anreize von außen. zumindest vermute ich, dass die innere entwicklung schneller funktioniert, wenn man sich wechselnden situationen und problemen auch real stellt.

bla

und DESHALB bin ich zur blumenliebe gekommen.

nun weißte bescheid, oder? *lach*

gruß

sine

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