05 Dezember 2005

von Matilda am 5.12.: bleibt alles anders_2?

an FrauPost:
Lebenserfahrung schützt nicht. Nicht vor Fehlern, nicht vor Schmerz und nicht vor diesem Zorn, der mich überschwemmt wie eine schäumende Welle, wenn ich mal wieder hilflos vor einer Ungerechtigkeit des Lebens stehe.
Lebenserfahrung schützt nicht - aber sie hilft. Hilft zu lieben, hilft zu leben.
Ich empfinde meinen Lebenserfahrungsrucksack als nützliches Gepäckstück, nicht als Ballast. Es wird mir nicht zu schwer, weil ich ja entscheide, was ich mitnehme, was ich zurücklasse. Das ist im Grunde wie mit jedem anderen Gepäckstück: manche haben tonnenschwere Koffer im Schlepptau, wenn sie für ein Wochenende verreisen, andere kommen mit einer kleinen Tasche eine Woche lang aus. Man muss Prioritäten setzen können. Man muss planen. Man muss vor allem wissen, was man will. Dann kann man mit einem kleinen Schwarzen und einem Lippenstift schon ausgestattet sein... Demzufolge trage ich nur die Erfahrungen mit, die mich weitergebracht haben (oft sind das die, die tiefe Wunden geschlagen haben), die mich lehren, geduldig zu sein.
Und doch entscheide ich in wichtigen Lebensfragen instinktiv. Wie sehr meine Lebenserfahrung Einfluss auf meinen Instinkt hat, spüre ich nur im Unterbewusstsein, kann ich nicht beschreiben. Will ich auch nicht. Ich verlasse mich auf meinen Instinkt.
Ich glaube, deine Erfahrungen werden immer den einen oder anderen Einfluss auf dein Leben haben, bewusst oder unbewusst, gewollt oder nicht gewollt. Auch die Entscheidung, ihnen kein Gewicht zu geben, beruht auf ihnen und gibt ihnen Gewicht.
Als ich "Prinz Unerwartet" begegnet bin, hatte die Veränderung, von der ich in "bleibt alles anders?" erzählt habe, schon statt gefunden. Ich hatte eine langjährige Beziehung beendet, in der ich erniedrigt und betrogen worden war, ich hatte fast ein Jahr gebraucht, um sie hinter mir zu lassen, und das Gefühl, gerade niemanden zu lieben, war vollkommen neu. Es hat mir eine Freiheit ermöglicht, die ich vorher nicht kannte - und es hat eine Leere in mir geschaffen, von der ich gar nicht wusste, dass sie existiert, bis ich Prinz Unerwartet traf.
Die Veränderung diesmal war so tiefgreifend gewesen, so allumfassend, so vollkommen, dass meine Gefühle für diesen Mann meine Freiheit nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil gefördert haben. Anfangs bin ich in alte (falsche) Verhaltensmuster zurück gefallen, meine ureigene Angst, nicht geliebt zu werden, nicht gut genug zu sein, alleine zu bleiben, hat mich zurück geworfen. Er hat die Notbremse gezogen. Hat mich damit aufgeweckt. Hat mir die Gelegenheit gegeben, auf dem fruchtbaren Boden der grossen Veränderung endlich auch meine Ängste zu überdenken, mein Verhalten in menschlichen Beziehungen, hat mir die Möglichkeit aufgezeigt, über meine Grenzen hinaus zu gehen und einen Weg hinaus zu finden aus meiner Angst, aus meinem Komplex, aus meiner eingebildeten Unzulänglichkeit.
Ich bin endlich bereit für das Leben.
Und ich habe eine wertvolle Freundschaft gewonnen.
Er ist immer da, ist mir immer nahe.
Immer.

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