07 Dezember 2006

scham und meine fragen an mich selbst

hallo

ach mensch, ich hab jetzt nimmer schlafen können. mein herz - rast. wie immer bringt die müdigkeit die traurigen gefühle mit sich.

was tun?

ich habe mich mit dem buch beschäftigt, dass monsieur mir empfohlen hatte und das mich schon vorgestern, als ich noch den ganzen tag angst gehabt hatte vor dem besagten gespräch, was gestern ja auch war, wirklich gut amüsiert hat! aber an der stelle, an der ich weiterlesen musste, wurde gerade gekämpft und die beschreibung des kampfes und der verluste ist mir schrecklich erschienen.

:-(

was dann tun?

weil ich herzweh hatte gestern und auch heute morgen, habe ich gleich mal geschaut, wann mein doc aufmacht. um 9.00 uhr. soll ich so lange zu hause bleiben, ihn dann anrufen und fragen, ob ich vorbei kommen soll mit meinen neuen schmerzen? oder von arbeit aus anrufen...?

gefühle bahnen sich halt dann den weg und es beginnt immer mal etwas, was mir vorkommt wie eine luftblase, die von unten nach oben durch das wasser steigt und an der wasseroberfläche aufspringt. das meiste ist scham.

ich habe mich drei mal gefragt, ob es sinn macht, den fraglichen text nochmal selbst zu lesen, aber die hoffnung, dass das alles nicht wahr sein könnte, trieb mich dazu. tja ich habe wirklich geschrieben:

"wozu ist man praktikantin bei ei? um sich täglich ei-jargon anzuhören? in diesem sinne habe ich eine frage zu elektronischen rechnungssystemen mit aufgenommen in unseren fragebogen..."

also sinngemäß.

jetzt weiß ich, dass ich das tatsächlich geäußert habe. und wenn man meinen text kritisch betrachtet, so ist er tatsächlich schwer zu lesen, der humor IST NICHT LUSTIG und insgesamt kann man schon sagen, dass durch die langatmigkeit das dokument wertlos ist - mal abgesehen von den weiteren tatsachen, dass meine chefin eh auch ohne dieses dokument unsere bemühungen, einen fragebogen für unsere anbieter im rahmen der ausschreibung zu entwerfen, ja schon in den boden gestampft hatte.

katzenjammer!

ich komme mir vor wie jemand aus dem lk-forum, der monatelang über seine verhältnisse gelebt hat und dann entsetzt ist, dass ihn die mahnbescheide belästigen und er schließlich, um schlimmeren konsequenzen zu entgehen, den alptraum bewältigen musste, dass er seine eltern um geld angebettelt hatte und sein vater sämtliche ressentiments, die zwischem ihnen (vater und sohn) schon immer bestanden, ausgelebt hat. er tat mir so leid, aber ich konnte auch nicht verstehen, wie man sich in so eine situation bewegen kann...?

dass er seine eltern um hilfe bitten musste (obwohl das das schlimmste für ihn war), hätte ich schon verstanden und vermutlich genau so auch getan. nur hatte ich nicht verstanden, wieso er sich so abhängig gemacht hatte?

JETZT verstehe ich nicht, wieso ICH so gespielt habe mit meiner chance bei ei.

ICH bin jetzt in einer situation, die ich nicht begreife. ich bin hineingeraten nicht nur durch eigenes verschulden, herrje, man kann auch ein auge zudrücken und genau das ist halt bei mir nicht geschehen. hätte es meinen text nicht gegeben, hätte mich meine chefin vielleicht an einen anderen baum aufgeknüpft (denn wenn sie mich nicht hätte abschießen wollen, hätte sie mich zunächst kritisiert, statt die sache gleich zum manager zu geben).

aber jetzt mal die dahiner liegende frage nochmal:

wieso habe ich diese behauptungen in mir? was macht mich so distanziert von ei? was distanziert mich eigentlich von meiner arbeit - und wie passt das zusammen damit, dass ich arbeite wie ein tier?

ich habe große lust, mich mit meinem psychotherapeuten nochmal zu unterhalten. ein bissle steckt in mir sein zweifel, dass ich im leben schon ohne ihn klarkommen würde.

übrigens ist er nur EINER der zweifler. der größte zweifel ist die stimme meiner mutter, die komischerweise immer mal auftaucht und verlautbart, dass ich es ja eh nicht schaffen konnte - dazu in meinem inneren die vision ihres kritischen blickes.

letzteres ist ja DAS PROBLEM, was ich entdeckt hatte, als ich begonnen hatte, in meiner therapie fortschritte zu machen: dass ich in mir eine stimme habe, die endlos zweifel und bestrafungen ausspuckt.

ich habe gewusst, dass ich mit den zweifeln nichts anfangen kann und vermutet, dass auch meine bestrafenden worte in meinem innern eines tages vergehen würden, wenn ich mit meinen zweifeln ein anderes maß (möglichst ein NULL-maß) gefunden hätte.

wenn jetzt diese innere stimme MAL zu hören ist, dann ist es immer noch weniger als vorher und es gab auch gestern schon andere momente, in denen ich lachen konnte über meine situation. aber ja, es ist doch lustig, dass ich eigentlich in meinem job gut klar komme, dass ich so viel anerkennung gefunden habe - aber ausgerechnet an der stelle, wo ich meine arbeitsleistung WIRKLICH im moment zeige, sitzt ein richtiger dämon und füttert mich noch mit schokolade und teilweise netten e-mails.

heute morgen hingegen ist HEUTE MORGEN und es gibt eben auch leider jetzt eine phase, wo ich schreckerfüllt die bangen fragen zu beantworten haben, die DANN auftauchen.

warum bin ich jemand, der sich innerlich so distanziert?

also nicht falsch verstehen - ich distanziere mich nicht von menschen. da hattest du, @isabel, schon recht gehabt, dass ich sehr "dabei" bin mit menschen. du hattest es als "zu sehr" bezeichnet, glaub ich.

du schriebst es meiner erinnerung nach so ähnlich in deinem posting vom 23.11.:

@isabel wrote:

[...] weil ich wieder mit meinem Allheilmittel arbeite: Ignoranz …

Und obwohl das vermutlich der schlechteste Rat ist, den du lesen darfst: ich würde dir auch ein bisschen mehr davon wünschen. Sie macht nicht gleichgültig, wenn man nicht ohnehin ein gleichgültiger Mensch ist, aber sie schützt, wenn man den Selbstschutz zu spät, zu leicht, zu wenig aktiviert hat.


ach je

also mal als hintergrund: ich bin tatsächlich der ansicht, dass bei ei ein jargon gesprochen wird - oder zumindest, dass eine eigene ausdrucksweise existiert. ich mache mich tatsächlich nicht selten darüber lustig, finde es auch wirklich lustig.

die frage ist also einerseits: was ist daran lustig (andere menschen finden solche dinge ja schön - ich empfinde es als spiel, als albernheit und im schlimmsten fall als elitäres getue)? und die frage ist andererseits: wieso mache ich dabei nicht einfach mit, vertraue mich einer sache an? wenn ich letzteres nämlich nicht tue, ist es dann ein wunder, dass ich A) mit der wahrheit auch mal rausplatze und dass ich B) von denjenigen, die sich zu einer gruppe (den eilern) zusammengefunden haben und an ihre eigene identität fest glauben, fallengelassen werde?

nach einer nacht drüber-schlafen finde ich übrigens den einsatz meines managers nicht mehr so untergeordnet wie gestern. ob ihn jemand zu seinem verhalten angeleitet hat oder nicht - er hat so gehandelt und es bleibt auch dabei, dass ich auf einem sehr schmalen grat wandere.

es tut mir leid!

es tut mir leid, diese menschen gestört zu haben in ihrem glauben an etwas...! das ist nicht meine absicht, sie aufzurütteln oder anzugreifen. ich habe meine kritik, ja. aber damit muss ICH leben und ich wollte sie damit nicht behelligen.

alle meine fragen sind darauf gerichtet, dass ICH mein leben angleichen kann oder eben auch nicht. jetzt stehe ich aber da mit meinen kleinen inneren kämpfen und meinen aus versehen nach außen gedrungenen sichtweisen - und man muss mich fallenlassen! es gehört nunmal zum glauben dazu, dass jemand, der nicht glaubt, nicht zur gruppe gehört.

kann er ja nicht! denn diese gruppe hat nur ein echtes bindeglied: den glauben an die gemeinsame sache.

mein herz tut nimmer weh - schon nicht mehr, als ich zu schreiben begonnen habe. manche dinge schmerzen wirklich; dass mein herz darauf reagiert, ist ja normal. als ich mir gedacht habe "ok, sine, dann schreib jetzt verdammt nochmal dein buch!!! nutze die zeit hier und mach etwas, was du machen MÖCHTEST...!", da war es schon weg.

geblieben ist nur halt dieses ungemach - dieses gefühl, in einem problem DRIN zu sein und es noch nicht gelöst zu haben.

ich bin überrascht von mir selbst.

ich weiß nicht, was in mich fährt, wenn ich so kontraproduktiv bin im verhältnis zu gruppen!

ja ich weiß. dieser blog hier ist AUCH eine gruppe. es gibt also auch andere dinge und es liegt vermutlich an der gruppe selbst, wie ich mich verhalte...? aber wenn man an mein verhalten im lk-forum denkt: dort habe ich auch vehement mich gesträubt, in die @djinny-gruppe aufgenommen zu werden. ich habe mich gesträubt!

ich bin auch tatsächlich in meiner kritik grausam, wenn man mal bedenkt, dass diese menschen, deren werte ich nicht akzeptiere (weil sie an scheinbare werte glauben, wie ich finde), doch von ihren werten aufrecht erhalten werden.

es ist so schrecklich, dass ich sozusagen als enfant terrible andere bloßgestellt habe - mal abgesehen davon, wie ICH ausschaue in den augen der anderen (jetzt zumindest).

letzteres ist natürlich auch diskussionswürdig für mich, aber nicht so wirklich. mein gott, ich bin peinlich für sie und sie werden mich schneiden oder traurig anschauen.

ja

ich war schon manchmal peinlich. aber bisher war ich zufrieden mit dem grund dafür!

diesmal ist mir der grund - nämlich meine flapsigkeit - selbst unverständlich. ich stehe vor meinen eigenen worten ungläubig und frage mich, was ich für eine wahrnehmungsschwäche gehabt habe.

im ernst

ich habe geglaubt, mir gehört die welt. ich habe mich gelangweilt und ich war auch entsetzt von der drögheit des jobs, hatte enormes unverständnis dafür, dass andere stolz waren auf diese tätigkeit und ...

und ja: mein blick war dann frei für die MISSSTÄNDE und in meiner position (also in der position, die ICH MIR in meinem hinterstübchen eben ausgemalt habe) habe ich mich entsprechend verhalten!

was soll das? warum bin ich noch bei ei?

äh

und warum bin ich überhaupt hingegangen?

*grübel*

ich glaube IMMER NOCH an die werte, die mir meine mutter eingeimpft hat. geld ist wichtig, sine, geld ist wichtig, sine, geld.. geld... geld... !

also mal angenommen, ich studiere bwl primär (neben anderen gründen, die ich bisher genau verstanden habe, aber äh vielleicht ist der primäre grund folgender grund) deshalb bwl, weil ich dank irgendwelcher ängste mir partout nicht vorstellen kann, mein buch zu schreiben?

angenommen, ich bin bei ei, weil ich mir partout erst "ein gutes blatt" im poker gegen das leben und gegen das schicksal besorgen zu müssen glaube, bevor ich - als NEBENBEI!!! - das tue, was ich eigentlich (!) machen möchte?

ich habe jetzt drei monate zeit, um mir das mal genau zu überlegen.

heute ist der erste tag dieser drei monate.

gruß

sine

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