28 November 2005

von Deep_Thought am 28.11.: Mal wieder die Studentenjobs...

Mahlzeit!

Ich bin ja seit über einem Jahr mehr oder weniger motiviert auf der Suche nach einem Job, weil sonst der finanzielle Super-GAU in etwa Ende Januar absehbar ist. Zwischendurch war ich schon manchmal mit Elan bei der Sache, wenn ich ein gutes Angebot gesehen habe, aber daraus ist nie etwas geworden. Zwischendurch, so im Juni ungefähr, wollten Freunde von mir ein Spieleprojekt aufziehen, wo ich "unbedingt" mitarbeiten sollte. Das hätte mich natürlich begeistert, und so ließ ich die "reguläre" Jobsuche wieder schleifen. Naja, nach ein paar Monaten stellte sich dann heraus, daß die Finanzierung für das Projekt (noch) nicht möglich war, und sie legten es bis mindestens Jahresende auf Eis. S. war zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich sauer auf die beiden, weil aus ihrer Sicht von ihnen immer nur Gerede kam, ohne daß Aktionen folgten.
Ich sehe das etwas anders, denn ich denke nicht, daß sie mich angelogen haben oder Fehler vertuschen wollten. Sie haben es ehrlich versucht, und als sich herauskristallisierte, daß das Projekt nicht genügend Startkapital hat, haben sie gesagt, daß es nicht geht. S. ist wohl auch sauer, weil die Zeit, in der ich hingebungsvoll auf diesen Job gehofft habe, für alle anderen möglichen Jobs verloren war.
Das verstehe ich wiederum vollkommen, obwohl da der Fehler auch wohl eher bei mir liegt, denn es hätte mich ja nichts gekostet, zweigleisig zu fahren und weiter Bewerbungen zu schreiben. Das ist wohl so eine Haltung von mir, daß ich alles andere schleifen lasse, wenn irgendein Angebot auch nur halbwegs sicher ist. Also halbwegs in diesem Sinne wörtlich, nämlich zu 50%.
Meine Eltern haben mich auch immer mal wieder gefragt, wie es denn nun mit der Arbeit aussieht und meinten, daß ich nicht erwarten könnte, mindestens 10 Euro in der Stunde zu verdienen, sondern eben auch gefälligst mal Kisten stapeln sollte, wenn ich halt das Geld doch so dringend brauchte.
Ich verstehe diese Ansicht, und ich denke, sie haben damit auch recht, aber ich habe mich einfach geweigert, nach solchen Jobs zu schauen. Ich war (und bin) der Meinung, daß es doch wohl möglich sein muß, als Informatiker einen Job zu bekommen, der besser bezahlt ist. Die TU zahlt knapp 10,50 EUR nach Tarif, das sollte doch auch anderswo mindestens möglich sein.
Der vereinigte Tenor meiner Umwelt zu dieser Ansicht war: "Komm mal von deinem hohen Roß herunter!"
Diese Überlegung beschäftigt mich nun ziemlich lange: Ist es ein hohes Roß, auf dem ich sitze, oder haben die anderen alle keine Ahnung von der Tätigkeit eines Informatikers, und meine Ansicht ist legitim? Oder ist es irgendetwas dazwischen?
Naja, obwohl ich also schon irgendwo einsehe, daß eine schlechtbezahlte Arbeit immer noch mehr Geld einbringt als gar keine, habe ich nie wirklich Anstrengungen unternommen, etwas in dieser Richtung zu finden.
Dazu kommt wohl auch, daß ich sowieso nicht so der Arbeitsfreak bin. Allerdings muß man sich diese Einstellung in einer Gesellschaft, die die Lohnarbeit über alles stellt, erst einmal leisten können, und ich kann das nicht. Im Gegenteil, ich sehe sehr genau, mit welchen Riesenschritten wir uns auf den finanziellen Abgrund zubewegen.
Vor einem Monat oder so hat S. dann eine Stelle gefunden, die genau das ist, was ich ablehne, und wovon alle meinen, daß ich mich auch dazu herablassen sollte: Ein Job im Callcenter für 5 EUR/h.
Das brachte mich noch mehr unter Zugzwang, denn sie hat es weiß Gott nicht leicht mit der Kanzlei, dem extrem aufwendigen Studium und nun noch einer Halbtagsstelle. Und ich stelle mich hin und sage "Für unter 10 Euro komme ich gar nicht erst aus dem Bett..." ?
Aber selbst dann konnte ich mich einfach nicht großartig motivieren, auch einen solchen Job zu suchen. Stattdessen habe ich es mal probeweise mit dem Rat von Frau Gawain versucht, mir explizit etwas zu wünschen und schon so zu leben, als ob der Wunsch schon in Erfüllung gegangen wäre.
Der Hintergrund ist, daß meine Barreserven im Oktober sich dem Nullpunkt näherten, also ich gefährlich nah an meinen 1.000 Euro Dispo war. Zum Glück lief genau zu der Zeit die Sperrfrist der Aktien ab, die ich seit 5 Jahren oder so habe. Der Verkauf brachte etwa 3.700 Euro, das war schon ein ordentlicher Gewinn. Aber mit Ss. schlecht bezahltem Job, den nicht zahlenden Mandenten (Verdammte Arschlöcher, ich könnte mich nur aufregen darüber!) und den Kosten einer nicht ganz billigen Wohnung etc. war eben wie gesagt der totale Absturz Ende Januar fällig.
S. war schon drauf und dran, die Wohnung zu kicken, damit wir über die Miete 200 Euro im Monat sparen könnten, aber das will ich absolut nicht. Die Wohnung ist toll, und wir haben sie uns gerade erst mit erheblichem finanziellen und Arbeitsaufwand eingerichtet. Ich bin der Meinung, daß wir hier schon ein paar Jahre wohnen werden (und sollten).
Nuja, als also das Geld von den Aktien da war, hat mich mal wieder die Konsumsucht erwischt. Ich war drauf und dran loszurennen und mir für über 650 Euro einen neuen Rechner zusammenzustellen. Totaler Wahnsinn...
Das ist immer das Poblem, wenn eine große Summe auf dem Konto ist: Ich sehe nur das Geld, aber nicht die vielen kleinen Häppchen, in die ich es schon für zukünftige Kosten zehackt habe, z.B. Miete oder Krankenkasse etc.
Zum Glück hat S. mich davon abgehalten, und der Rausch ist auch einigermaßen abgeklungen, aber eine Woche später hats mich wieder gerupft, und ich bin losgezogen und habe mir eine neue Grafikkarte für knapp 200 Euro gekauft. Das war sozusagen der Kompromiß zwischen total neuem Rechner und minimaler Aufrüstung des alten. Vom Computerstandpunkt her ist das aber vollkommen ok, weil ich meinen aktuellen Rechner jetzt auf dem fast bestmöglichen Stand für diese Art von Plattform habe. Wenn ich wieder aufrüsten will, dann muß ich wirklich komplett alles tauschen, und die Leistung, die das System jetzt bringt, reicht für alle aktuellen Anwendungen und vor allem Spiele. Naja, wofür sonst, wenn nicht für Spiele, würde ich auch eine neue Grafikkarte brauchen...
Ich hatte diesen Kauf S. verheimlicht, weil ich nicht wollte, daß sie sich Sorgen macht, und auch, weil ich fürchtete, dafür einen (zugegeben: verdienten) Anschiß zu bekommen.
Andererseits: Warum verdienter Anschiß? Und warum überhaupt Anschiß? Hat sie nicht immer wieder gezeigt, daß die Hauptsache ist, daß ich ich selbst bin, mit allen meinen Macken und Anwandlungen? Ich glaube, diese Angst rührt noch aus der Vergangenheit her, wo ich von meiner Ex sehr wohl öfter mal einen Anschiß bekommen habe, für welche abstrusen Aktionen auch immer.
In der aktuellen Situation hatte ich halt auch ein schlechtes Gewissen, weil wir wirklich finanziell am Arsch sind und schon die Wohnung entschwinden sehen, und ich nichts besseres zu tun habe, als mir eine teure Grafikkarte zum Zocken zu kaufen.
Um nun den Bogen zurück zu Frau Gawain zu schlagen: Ich dachte mir halt auch, daß sich das alles schon einrenkt und ich es mir leisten kann, diese 200 Euro auszugeben, weil sich unsere finanzielle Situation verbessern wird, bevor das Geld von den Aktien weg ist.
Ich vermute, daß auch das einige Leute in den Wahnsinn treibt: Dieser fast schon irrationale Optimismus, daß das alles schon wird. S. ist da etwas anders, sie bekommt halt schnell existentielle Panik. Wundern tut es mich nicht, nachdem sie schon so lange am Abgrund vorbeigeschrammt ist. Diese schweren Erfahrungen mußte ich noch nie machen, insofern bin ich der letzte, der sich eine Kritik an ihrer Haltung erlauben sollte.
Ich weiß nicht genau, ob meine Haltung wirklich Optimismus ist, oder ob ich nur meine Augen vor den Problemen verschließe und hoffe, daß sich alles in Luft auflöst. Ich habe ja zum Beispiel unheimlich Glück gehabt, daß die Aktien gerade jetzt freigeworden sind, denn sonst wäre ich schon längst pleite.
How auch ever, ich habe dann wieder versucht, ein paar Bewerbungen zu schreiben auf Angebote, die über das Jobportal der Uni und monster.de liefen. Meine gewaltige Ausbeute dabei waren gigantische drei Angebote, auf die ich mich beworben habe.
Vor einer Woche kam dann von einer der Adressen eine Antwort, daß sie ja so wahnsinnig im Streß seien, weil sie mehrere Leute einstellen, und daß sie mich gerne kennenlernen würden. Ich hatte dieses Angebot schon abgehakt, weil keine Antwort kam. Am selben Tag hat auch einer von den anderen geantwortet, daß er meine Bewerbung sehr interessant findet, und ich ihn doch mal anrufen solle. Zu allem Überfluß kam dann einen Tag später die Antwort auf die dritte Bewerbung, daß ich im Auswahlverfahren bin und man sich wieder melden werde.
Ja hallo? Jahrhundertelang passiert nichts, und ich habe eine Antwortquote von vielleicht 15%, und auf einmal kriege ich auf drei Bewerbungen gleich drei positive Antworten? Echt abgefahren...
Naja, letzten Dienstag war das Vorstellungsgespräch bei den Leuten, die gerade mehrere Stellen besetzen, alles lief super, und ich wurde genommen. Freitag war mein erster Arbeitstag.
Ich habe jetzt einen Job, der mir 12,50 EUR/h bringt, das sind bei 20h/Woche also 1.000 Euro im Monat.
Im Moment erscheint es mir so mühelos und leicht, wie das alles geklappt hat: Bewerbung geschrieben, hingegangen, gegenseitige Sympathie bekundet, fertig. Warum hat es dann ein Jahr gedauert, bis ich so weit gekommen bin? Warum der ganze Streß mit den Bewerbungen, warum die ganzen Verteidigungen meiner "elitären" Ansichten bezüglich Bezahlung...?
Habe ich nun recht behalten damit, daß ich gefälligst einen Job will, der mehr als 10 EUR/h bringt? Oder habe ich nur unverschämtes Glück gehabt, daß ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war? Oder ist das alles folgerichtig geschehen, so wie es nach Frau Gawain passiert?
Ich weiß es nicht wirklich, aber die Tatsache, _daß_ ich einen Job mit ordentlicher Bezahlung gefunden habe, bestätigt mich zumindest so weit, daß es nicht ganz falsch sein kann, eine günstige Gelegenheit abzuwarten. Naja, das Problem ist immer, daß man sich auch dieses Warten leisten können muß, und ich habe es nur mit Mühe und Not bis hierher geschafft.
Aber ab jetzt wird alles besser! Mit dem Lohn und dem Unterhalt meiner Eltern kann ich Ss. und meine gemeinsamen Kosten fast im Alleingang bestreiten, insofern schwebt nun hoffentlich nicht mehr das Damoklesschwert einer anderen Wohnung über uns.
Ich hoffe auch, daß S. dadurch etwas entlastet wird und keine Angst mehr haben muß, was alles schiefgehen könnte. Sie meinte ja schon, nachdem ich eine solche Vorlage geliefert hätte, müßte sie dem nacheifern und einen Job finden, der noch mehr einbringt. :-)
Mir soll es nur recht sein, denn dann hätten wir wirklich ein ausgezeichnetes finanzielles Auskommen. Ich habe keinen Ehrgeiz, mehr verdienen zu müssen als sie; ich bin einfach zufrieden mit dem, was jetzt ist.
Letztendlich sehe ich diesen neuen Job als den Anfang vom Neuanfang, nachdem die ganzen Krisen des letzten halben Jahres alle eher der Anfang und die Mitte vom Ende waren. Das Ende vom Ende kam nun nicht, und ab jetzt geht es aufwärts.
Ok, ich verabschiede mich an dieser Stelle und werde noch a bisserl herumtelefonieren, um damit zu protzen, daß ich ewig arbeitsloser fauler Student nun auch einen gutdotierten Job gefunden habe. :-)
So denn...

Deep Thought

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