10 Oktober 2007

vorstellungsgespräche mit deprimierender wirkung

hallo!

tja, bei mir bewegt sich die psyche leider ein wenig in den abgrund. mein problem ist, dass meine bewerbungen nicht so 100%ig erfolgreich waren. sie waren auch nicht 100%ig an die richtigen anbieter gerichtet, und die bewerbungen waren auch sicher nicht alles, was ich an bewerbungen produzieren kann (sondern eben nur 7 bewerbungen, die ich anfang august losgehauen hatte).

aber naja

ich dachte, ich bekomme eh nur absagen, und so schien es auch zu sein. erst im september haben sich die angesprochenen zeitarbeitsfirmen (wieso zum henker hatte es sich so ergeben, dass alle für mich interessanten stellenangebote über zeitarbeitsfirmen liefen, als ich recherchiert hatte?) geregt.

ich hatte - hm, mal überlegen - also ich hatte 3 vorstellungsgespräche bei den jeweiligen zeitarbeitsfirmen und ein vorstellungsgespräch bei smens, wo ich ja so supergern hin wollte.

so positiv es mir einerseits auch erscheint, dass ich durch die vielen gespräche doch lockerer geworden bin und einfach entspannter, so unangenehm zieht es mich doch nach unten, dass ich mich immer noch neu bewerben muss und dass ich wohl im irrtum war, was den nutzen dieser bewerbungen angeht.

mein eindruck ist, dass die zeitarbeitsfirmen etwa 50% des gehaltes, das ich erwirtschaften könnte, behalten. denn anders kann ich mir nicht erklären, wie bei ei an eine mitarbeiterin 3.800 € für eine tätigkeit, für die ich so ziemlich genau gleich qualifiziert bin, bekommen hat, und ich soll mit 1.350 € verbleiben. zugegeben, ich weiß nicht, wie die kollegin es geschafft hatte, diese summe zu erwirtschaften - denn auch sie kam ja über eine zeitarbeitsfirma zu ei!

vielleicht war die summe, die sie mir erzählt hatte, ja auch nicht das, was SIE erhalten hatte, sondern eben die summe, die ei für die stelle über eine zeitarbeitsfirma bezahlt hatte.

wie dem auch sei...

mein elan ist immer mehr verschwunden, von zeitarbeitsfirma-kontakt zu zeitarbeitsfirma-kontakt. mein elan, mich auch für wenig geld zur arbeit zu bewegen. mein elan, mich überhaupt vermitteln zu lassen!

die eine zeitarbeitsfirma war ja vergleichsweise noch ok, nämlich diejenige, die mich an smens vermitteln wollte. da fällt mir jetzt - außer, dass mein stundenlohn eben nur magere 8,50 € betragen hätte - gar nichts negatives zu ein. geklappt hat es dort nicht, ok, aber so what.

die nächste zeitarbeitsfirma wollte mich tatsächlich für 6,50 € stundenlohn an ein call-center für astrologische beratung vermitteln. ich möchte gern schildern, was ich dort gesehen habe und welche schlüsse ich daraus gezogen habe:

das büro der zeitarbeitsfirma lag an der friedrichstraße in dem bereich der friedrichstraße, wo es schick ist. das ist ungeheuer beruhigend, denn ich hatte noch nie etwas von dieser firma gehört - ein umstand, der auf alle anderen zeitarbeitsfirmen aber ebenfalls zutraf (außer auf diejenige, die mich an smens hatte vermitteln wollen - die kannte ich). als ich dann dort war, wurde ich in ein winziges büro geleitet und hatte ein deja-vu erlebnis: dort standen zwei freischwinger-stühle der allerpreiswertesten sorte. ich kenne diese stühle! ich hatte selbst (genau zwei) solche stühle; damit sollten mandanten vor meinem eigenen schreibtisch platz nehmen können, als ich meine kanzlei gerade frisch gegründet hatte.

diese freischwinger sind ein kapitel für sich: sie sehen schick aus, sind aber nach spätestens einem halben jahr kaputt. ich hatte einen, der noch nicht ganz hin war, aber bedenklich knackte, wenn man sich setzte. ich kenne die aufhängung der sitzfläche und habe bei meinem eigenen freischwinger immer die verbindungsstücke festgeschraubt. sie lockern sich dauernd und sofort wieder.

ich hab also platz genommen und es knackte wie auf dem freischwinger, den ich selbst mal hatte.

ich hatte damals eine gewisse erfahrung, auf welchem der beiden stühle mandanten lieber platz nahmen. der knackende freischwinger wurde bei mir als eigentlich ausschließlich dann besetzt, wenn ich zwei personen im büro gleichzeitig zu beraten hatte. ich fragte mich daher bei dem vorstellungsgespräch jetzt, ob auch in diesem büro lieber auf dem anderen freischwinger platz genommen würde und ob ich mich schon als seltsamer kandidat geoutet hatte, weil ich entgegen der norm platz genommen hatte?

sorry, denn auch zu den leuten, die auf dem jeweiligen freischwinger platz nahmen, hatte ich in meiner alten kanzleit schon gewisse annahmen.

wer sich freiwillig aus dem blickfeld des gesprächspartners setzt, so war meine (vorsichtige) annahme, ist schüchtern und würde am liebsten wieder gehen. das sind die leute, die das maul nicht aufbekommen, das gespräch ewig am leben erhalten durch zustimmendes "ahja" und kleine fragen hie und da, und am ende wollen sie es sich nochmal überlegen. sie können einfach nicht nein sagen... und raubten mir damals als anwältin die zeit!

ich erkannte also in der gesprächssituation bei der zeitarbeitsfirma, dass ich womöglich ebensolch einen eindruck machen würde. aus prinzip blieb ich aber ewig auf dem knackenden freischwinger sitzen, bis ich mich schließlich nach einigen minuten nicht mehr zu selbstverleugnend fühlte, um den stuhl zu wechseln.

meine gesprächspartnerin ließ mich warten.

ich sah als erstes, wie sich das plastikmäßig erscheinungsbild eines chefsessels billigster ausführung in meine wahrnehmung brannte. ich kenne solche stühle. ich habe - wie gesagt - selbst mal billig büros eingerichtet, nämlich das meiner ersten kanzlei und auch sonst war ich so preisbewusst wie möglich. im nachhinein muss ich zugeben, dass ich meiner mutter dankbar bin, dass sie mir einen echten ledersessel besorgt hatte (der übrigens genial bequem immer noch ist) und möbel, die es eben nicht im billig-katalog gibt.

als nächstes studierte ich die ablagefächer. sorry, ich habe eben nun einmal selbst an einem schreibtisch meinen alltag verbracht, und irgendwie erkennt man dann wohl, wenn eine ablage auch verwendet wird, oder ob sie nur so rumsteht. auf dieser ablage lagen zuoberst (was noch normal ist, denke ich) lose zettel und ein katalog. bei dem katalog musste ich grinsen - das kenne ich! einen katalog legt man nicht weg, denn man weiß nie, wann man noch was bestellen muss. aber komischerweise liegt er immer obenauf! vielleicht, weil man doch auch mal dann in den katalog reinschaut, wenn man langeweile hat. oder weil es keinen festen ort für werbung und kataloge gibt. außerdem kann man mit kollegen, mit denen man nichts zu reden weiß, zur not über hängeregistraturen sprechen - so zumindest bei anwälten, die ja von einer sauberen aktenverwaltung leben und diese entsetzlich teurern hängeregistraturen brauchen.

:-)

die unteren fächer waren allerdings entweder leer, oder man hatte irgendwie versucht, irgendETWAS hineinzulegen. da ich lange warten musste, entsponn sich mir der gedanke, dass diese ablagefächer nicht nur nicht wirklich genutzt wurden, sondern ich dachte, dass es doch bemerkenswert ist, wie sehr leute ihre rolle bloß spielen, ohne wirklich so zu sein. also: wer bitteschön stellt eine ablage hin, die er nicht benutzt, und bemüht sich dann noch, die ablage "benutzt" aussehen zu lassen? ich bedauerte plötzlich die leute hier, die anscheinend arbeitsmittel vorgegeben bekommen, sich aber nicht damit anfreunden, sondern sie vor sich herschieben und zwanghaft auf dem schreibtisch stehen haben, nur damit es beschäftigt und versiert aussieht.

der nächste blick fiel auf den container. da war nämlich so ein rollbarer aktenbehälter. obenauf lag eine schale mit dokumenten. es handelte sich um gebundene verzeichnisse. mir fiel plötzlich auf, dass kein mensch mehr telefonbücher in seinem büro herumliegen hat. das dort waren auch keine telefonbücher, aber sie sahen halt so aus wie interne telefonbücher oder nachschlagewerke. die dokumente sahen unbenutzt aus. sonst war der container leer. wieder etwas, was NUR IM WEG rumsteht! ich bedauerte die mitarbeiterin, die dieses büro inne hatte, noch mehr.

insgesamt aber war das büro nicht nur äußerst billig eingerichtet (und sehr winzig), sondern es war auch noch sehr leer. keine notizzettel, kein gar nichts. jahrealt aussehende textmarker standen geduldig in einer halterung, aber ich als stift-fetischistin gruselte mich davor, weil ich nicht sehr gut damit umgehen kann, wenn auf meinem schreibtisch stifte rumfliegen, die ihren dienst im entscheidenden moment versagen.

;-)

das gespräch, was schließlich stattfand, brachte mich dann endlich auf den zu der gesamten büro-einrichtung passenden gedanken: hier wird nicht zeitarbeit vermittelt! hier ist wohl nur eine sogenannte zeitarbeitsfirma vorgeschaltet, um billig an call-center-agents für diese astro-firma heranzukommen.

mein allgemein zu allen zeitarbeitsfirmen greifbar gewordener verdacht, dass es diejenige stelle, auf die ich mich beworben hatte, gar nicht gab, wurde hier glasklar bestätigt. meine gesprächspartnerin verwendete einfach zu viel erklärungen für den umstand, dass es jetzt leider den posten gerade nicht mehr gebe (weil er "schon besetzt" sei). sie brachte dabei auch noch an, dass es ja so sei, dass "man" im internet keine kontrolle über die stellengesuche hätte und dass sich jobportale (angeblich) die anzeigen einfach unter den nagel reissen würden, ohne dass man davon mitbekommen würde. und dann wanderten diese anzeigen durch das internet, ohne dass sie noch aktuell seien.

an der stelle bekam ich einen ersten starken zweifel, das ich richtig war hier, denn ein portal, dass sich die anzeigen unter den nagel reisst, ist schon eher unwahrscheinlich. aber noch unwahrscheinlicher finde ich, dass man seine eigenen anzeigen im internet nicht mehr wiederfindet. das kann man mir nicht plausibel machen, dazu bin ich zu sehr im www unterwegs!

aber wisst ihr, die dame könnte ja immer noch zu den planlosen gehören. unwahrscheinlich zwar, aber so what. geben wir ihr diese gesprächseinheit als freispiel.

sie war mir auf anhieb vertraut. wenn ich sie unter anderen umständen kennengelernt hätte, hätte ich gedacht, wir sind uns verdammt ähnlich. sie war in meinem alter. den rest kann ich nicht erklären, es war einfach so ein gefühl da, als würde ich mit einer studienkollegin von früher quatschen.

sie hat dann aber das gespräch durchgezogen - laaaaange! - und bla. ich wurde unter anderem (aber eher so andeutungsweise und nebenbei) darauf aufmerksam gemacht, dass ich mit meinem lebenslauf ja eh keine chance hätte und die von mir im tran beantwortete frage, was ich eigentlich mit meinem studium anfangen wollte, wenn ich fertig bin (nämlich dass ich in ein internationales unternehmen möchte und vielleicht auch für eine leitende position qualifiziert wäre), wurde mit einem "denken sie das wirklich?" abgeschlossen.

noch mehr ganz nebenbei kam sie darauf, dass ich im call-center halt bloß 6,50 € bekommen könnte, denn die tätigkeit liege ja noch unter dem anspruch an eine sekretariatsstelle, dort würden "unsere leute" ja schon mehr bekommen. ein lachen konnte sie sich da nicht verkneifen - und ich fragte mich, wieso weshalb warum ich dann in dieses dämliche call-center sollte ihrer meinung nach?

später, nach dem gespräch, wurde mir dann deutlich, dass dieses ganze gespräch ohne inhalt gewesen war. einerseits stand das niveau der fragen außer verhältnis zu dem von ihr selbst so belächelten job (also gerade die frage, welche position ich anstrebe... tsss!), andererseits war vermutlich eh alles nur fake. ich war einer unseriösen firma in die arme gelaufen.

dieses vorstellungsgespräch hat mich absolut heruntergezogen. woran es lag - vielleicht an der demütigung, die ich aus dem gespräch ja teilweise herausgehört habe -, weiß ich so genau nicht. ich tippe aber eher darauf, dass ich einfach keine lust mehr habe, über den tisch gezogen zu werden. es hat mich einfach an situationen von früher erinnert.

nach so einem gespräch fühlt man sich richtig wertlos. @Isabel: du kannst jetzt gern behaupten, dass ich mir das zu sehr zu herzen nehme! ich glaube, jeder geht aus so einem gespräch raus und denkt, dass irgendwas gewaltig schief gelaufen ist. entweder sind DIE falsch gewickelt... oder man selbst!

ich wusste dann schon, dass man lachen konnte über diese astro-show. also echt, ne zeitarbeitsfirma als strohmann, um für ihren lachhaften job unterhalb der armutsgrenze leute zu bekommen! mit einem büro in der friedrichstraße! sehr witzig eigentlich.

es hat dann aber doch gedauert, dass ich mich davon erholt habe. schon 2 tage danach klingelte dann ja wieder das telefon und ich saß dann bei der nächsten zeitarbeitsfirma zum vorstellungsgespräch. diese firma war (anscheinend) ok. arbeitsklima, das man spürt! ach, wie ich diese windbeutel hasse (wozu die vorangegangene firma ja gehört hat). und da ist man ja froh, wenn es mal wieder echte arbeit ist, ein echtes ziel, das man spüren kann.

die dame war emotionslos im gespräch, ich nicht. ich war fertig ohne ende. ich hatte meinen glauben irgendwie verloren. naja, ohne ende war ich nicht fertig - aber ich war einfach deprimiert. zum wievielten male sollte ich mich hier bemühen? für wen eigentlich? für eine firma, die mir nur 1.000 euro (immerhin netto) lässt?

witzigerweise sah meine jetzige gesprächspartnerin eine sekretärin in mir.

es war ein fundiertes gespräch, und trotz meiner zweifel habe ich es anscheinend geschafft, mich nett darzustellen. gestern bekam ich das profil zugeschickt, mit dem sie mich an firmen (die mir nicht genannt wurden leider) vermitteln möchte. da steht auch ne menge zu meinen (angeblichen) eigenschaften, zb. nett und verbindlich, zuverlässig und bla.

ich hab der firma abgesagt. ich will nicht mehr über eine zeitarbeitsfirma in den job kommen. hinzu kam, dass ich eine ganz erstaunliche voraussetzung erfüllen sollte, um über die zeitarbeitsfirma vermittelt werden zu können - ich sollte von der privaten zur gesetzlichen krankenversicherung wechseln. keiner versteht, warum - die dame behauptete, dass das so in den für alle zeitarbeitsfirmen geltenden gesetzen stünde.

ich habe mich jeglicher kritik enthalten und geheuchelt, dass ich das nicht schlimm, sondern sogar ganz interessant finden würde. naja, ich weiß nicht viel darüber. monsieur findet es hingegen einfach nich gut. und irgendwie fehlt mir der elan, mich über die pros und cons zu informieren - und dann wechsele ich auch nicht!

rein arbeitsrechtlich KANN ES natürlich NICHT SEIN. es kann nicht sein, dass man mir eine krankenversicherung aufzwingt. aber wen interessiert das in einer solchen position, in der ich nunmal bin? wenn ich sage, ich will nicht, sagen die: gut, wir auch nicht.

so

ich bin also mit den bewerbungen durch. ich hatte zwischenzeitlich auch noch eine direktbewerbung geschrieben. die haben auch gestern geantwortet - eine (halbe) absage (d.h. ich komme für 6 monate in den bewerberpool).

naja

ich habe das gefühl, ich muss mich einfach direkt bewerben. auf das internet ist kein verlass. zum glück hab ich ein buch. es heißt "jobguide berlin". da habe ich mir schon 10 adressen rausgeschrieben - aber die bewerbungen sind anstrengend.

sorry, es ist mein fehler, ja, aber ich brauche nunmal immer anlauf, mich zu bewerben.

den nehme ich nun.

übrigens geht ganz nebenbei meine vereinstätigkeit für meinen straffälligenhilfe-verein zuende. das zieht mich zusätzlich runter. es ist ein ganz anderes thema - ich will es daher nicht weiter anschneiden... aber es ist irgendwie traurig.

positiv ist meine uni. ernsthaft! das mathe-skript ist gut geschrieben. ich versuche, meine kleine depression nicht übergreifen zu lassen auf meinen fernuni-kram. ich hoffe, ich komme jetzt besser klar mit der neuen universität als zuvor.

manchmal bin ich richtig stolz auf mich. ich finde, dass ich es richtig mache.

aber wie gesagt: die stimmung ist schlecht. hoffentlich plätschert sich die depri mal langsam wieder aus. :-)

gruß

sine

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